Unwording Test (Nintendo Switch): Die Macht der Gedanken
Mit Unwording liefert das Ein-Mann-Studio Frostwood Interactive ein kleines, aber feines Indie-Juwel ab.
Über Unwording
Unwording ist mehr als nur ein simples Puzzle-Spiel – es ist eine interaktive Reise durch die menschliche Psyche. Das von Armaan Sandhu entwickelte Spiel ist für PC sowie Nintendo Switch erhältlich und kostet faire 4,99 Euro. Hinter dem unscheinbaren Titel verbirgt sich ein durchdachtes Konzept, das Wort-Rätsel mit einer berührenden Geschichte über mentale Gesundheit verbindet.
Der Protagonist Tom sieht die Welt durch eine einsame, pessimistische Brille. Alltägliche Objekte verwandeln sich für ihn in komplexe Worträtsel, die ihn an all das erinnern, was ihm fehlt. Bis eines Tages ein frecher gelber Vogel durch sein offenes Fenster fliegt und sein Leben auf den Kopf stellt. Diese simple Prämisse entwickelt sich zu einer überraschend vielschichtigen Erfahrung, die zum Nachdenken anregt.
Die Geschichte ohne Worte
Das Geniale an Unwording ist, dass die gesamte Geschichte ohne einen einzigen gesprochenen Dialog erzählt wird. Stattdessen kommuniziert das Spiel ausschließlich über visuelle Metaphern und die cleveren Wort-Rätsel. Tom kämpft mit seinen negativen Gedankenmustern, die sich in Form von Buchstabenwürfeln manifestieren. Aus neutralen Aussagen wie „No Messages“ wird durch das Umstellen der Buchstaben „No One Cares“ – ein schmerzhaft realistisches Beispiel dafür, wie unser Gehirn Situationen ins Negative verzerren kann.
Die Darstellung von Depression und Angststörungen ist dabei bemerkenswert feinfühlig gelungen. Entwickler Armaan Sandhu hat eigene Erfahrungen mit mentalen Gesundheitsproblemen in das Spiel einfließen lassen, was der Erzählung eine authentische Tiefe verleiht. Besonders beeindruckend ist, wie subtil das Spiel zeigt, dass kleine Veränderungen im Denken große Auswirkungen haben können. Damit nicht genug, denn Unwording führt dabei nicht nur die feine Klinge, sondern zeigt auch optisch, was gerade Sache ist.
Drei Tage, drei Perspektiven
Unwording spielt sich über drei Tage in Toms Leben ab, wobei jeder Tag eine andere visuelle Darstellung und neue Puzzle-Mechaniken mit sich bringt. Der erste Tag präsentiert sich in düsteren 2D-Skizzen, die Toms depressive Stimmung widerspiegeln. Die Welt wirkt flach und farblos, genau wie seine Weltanschauung. Am zweiten Tag, nachdem der gelbe Vogel Chaos in Toms Wohnung anrichtet, wechselt das Spiel zu einem 2.5D-Stil. Die Rätsel werden komplexer und erfordern es, die Perspektive zu ändern, um versteckte Wörter zu entdecken.
Diese Mechanik ist nicht nur spielerisch interessant, sondern auch metaphorisch bedeutsam – manchmal reicht ein Blickwechsel, um neue Lösungen zu finden. Der dritte Tag präsentiert sich schließlich in vollem 3D mit leuchtenden Farben und einer hoffnungsvollen Atmosphäre. Die Puzzle-Mechaniken ändern sich erneut, und Tom kann nun durch einfache Eingaben mit seiner Umgebung interagieren. Diese visuelle Entwicklung à la Evoland ist eine der größten Stärken des Spiels und macht die emotionale Reise des Protagonisten greifbar.
Wort-Rätsel als Therapie
Das Herzstück von Unwording bilden die cleveren Wort-Rätsel, die sich mit jedem Tag weiterentwickeln. Am ersten Tag dreht ihr Buchstabenwürfel, um negative Gedanken zu formen. Die Mechanik ist simpel, aber effektiv: Jeder Würfel kann gedreht werden, um verschiedene Buchstaben zu zeigen, und ihr müsst sie in die richtigen Positionen bringen. Am zweiten Tag werden die Rätsel dreidimensional – ihr müsst die Kamera bewegen, um Wörter aus verschiedenen Blickwinkeln zu erkennen.
Das kann anfangs frustrierend sein, da die Steuerung etwas träge reagiert. Glücklicherweise gibt es einen Easy-Modus, der zusätzliche Hinweise und Hilfestellungen bietet. Der dritte und letzte Tag vereinfacht die Mechanik wieder und lässt euch direkt Wörter eintippen. Das fühlt sich befreiend an und passt perfekt zu Toms neu gewonnener Leichtigkeit. Allerdings akzeptiert das Spiel an diesem Tag nur spezifische Begriffe im Englischen, was anfangs zu Verwirrung führen kann. (Ihr beginnt dabei mit „Save“).
Die Technik
Technisch macht Unwording auf der Nintendo Switch 2 eine solide Figur. Das Spiel läuft flüssig und nutzt die verschiedenen Eingabemöglichkeiten der Konsole geschickt aus. Der Soundtrack von Trevor Kowalski verdient besondere Erwähnung. Die Musik entwickelt sich parallel zu Toms emotionaler Reise und unterstreicht die verschiedenen Stimmungen perfekt. Von melancholischen Klaviermelodien bis hin zu hoffnungsvollen Harmonien – der Sound trägt maßgeblich zur Atmosphäre bei. Das Spiel benötigt übrigens 550 MB auf eurer Konsole.
Die Grafik überzeugt durch ihren minimalistischen, aber ausdrucksstarken Stil. Die handgezeichneten 2D-Abschnitte wirken wie Skizzen in einem Tagebuch, während die 3D-Bereiche warm und einladend erscheinen. Die visuelle Transformation ist nicht nur technisch beeindruckend, sondern auch narrativ bedeutsam. Hier muss ich allerdings sagen, dass ich zum Testzeitpunkt Mitte Juli 2025 mehrere Abstürze vermelden musste. Drei Rätsel musste ich via Pause-Menü neu starten, um voranzukommen. Ob das an der Switch 2 liegt oder am Game, weiß ich nicht.
Fazit: Kurz, aber kraftvoll
Unwording ist ein kleines Meisterwerk, das beweist, dass Videospiele ernste Themen auf respektvolle und innovative Weise behandeln können. Mit einer Spielzeit von nur 1-2 Stunden ist es zwar sehr kurz, aber diese Zeit ist dicht mit bedeutungsvollen Momenten gefüllt. Die innovative Verknüpfung von Puzzle-Mechaniken mit emotionaler Erzählung, die beeindruckende visuelle Entwicklung und die respektvolle Behandlung mentaler Gesundheit machen dieses Indie-Game zu einem wertvollen Erlebnis.
Die größten Schwächen liegen in der begrenzten Spielzeit und den teilweise trägen Steuerungsmechaniken, besonders in den 2.5D-Abschnitten. Auch die Wiederspielbarkeit ist minimal – habt ihr die Geschichte einmal erlebt, gibt es wenig Grund, zurückzukehren. Unwording hat was: Für 4,99 Euro bekommt ihr ein Spiel, das euch möglicherweise noch lange nach dem Abspann beschäftigt. Es ist ein Spiel, das zeigt, wie kraftvoll ein Videospiel sein kann, wenn es um die Darstellung menschlicher Erfahrungen geht.