Tomb Raider: Definitive Edition (PS4) im Test

von Max Hohenwarter 18.02.2014

Endlich neues Futter für das PS4-Laufwerk. Doch so neu ist Tomb Raider: Definitive Edition dann auch wieder nicht, denn der ursprüngliche Reboot des Franchises um Lara Croft – DIE Videospielikone schlechthin – erschien schon vor knapp einem Jahr für die Current-Gen-Konsolen und den PC. Nun schickt sich Miss Croft in der Definitive Edition an, PS4 und Xbox One zu bereichern. Dass das definitiv klappt, lest ihr in meinem Test.

Jung und dumm

21 Jahre alt und vom Ehrgeiz zerfressen, es ihrem berühmten Vater, Lord Richard Croft, gleichzutun und sich als Archäologin einen Namen zu machen, begibt sich Lara auf eine Expedition an Bord der Endurance. Ziel dieser Exkursion ist es, die sagenumwobene Insel Yamatai, die als Wiege der japanischen Zivilisation gilt, zu finden. Nach einer langen und erfolglosen Suche im Pazifik schlägt die junge Abenteurerin vor, den Kurs Richtung Drachen-Dreieck zu wechseln. Obwohl dieses Seegebiet ein ähnlicher Mythos wie das Bermuda-Dreieck umgibt und es Schiffe und Flugzeuge angeblich spurlos verschwinden lässt, geht die Crew der Endurance dieses Wagnis ein. Wie sich herausstellt, ist das eine schlechte Idee, denn wenig später sinkt das Forschungsschiff. Die Crew schafft es gerade mal so, sich an Land einer Insel zu retten.

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Die Leiden der jungen Lara

Auch die junge Britin mit den prominenten Brüsten wird unweit der Gruppe angespült. Als sie versucht, sich bemerkbar zu machen, gehen bei ihr die Lichter aus, und sie findet sich, kopfüber hängend, in einer Höhle wieder. Mit Mühe und Not schafft sie es, aus dieser misslichen Lage zu entkommen. Doch damit beginnt das Drama erst, denn in besagter Höhle findet Lara einen Opferaltar, auf dem ihre VorgängerInnen dahingemetzelt wurden. Was zum Teufel geht hier vor sich, wer hat diesen Altar errichtet, wo sind ihre KollegeInnen und die wichtigste aller Fragen: Wie kommt die unerfahrene und sehr nah am Wasser gebaute Jungforscherin aus dieser gruseligen Höhle raus?

Glück im Unglück

Verletzt und mit dem Schrecken tief in den Knochen sitzend, entkommt Lara ihren Häschern. Verängstigt, hungernd und von diesem Horrortrip gezeichnet, findet Lara letztlich doch wieder zu ihrer Gruppe. Das Beste daran ist aber, dass sich die Hinweise mehren, dass die ForscherInnen zufällig auf Yamatai gelandet sind. Doch die Freude hält nur kurz, denn kaum bei der Gruppe angekommen, gesellt sich ein merkwürdiger Einsiedler, Vater Mathias, zu ihnen. Als Lara gepeinigt und ausgelaugt am Lagerfeuer einschläft und kurz darauf wieder erwacht, ist ein Crewmitglied sowie Vater Mathias verschwunden. Doch nicht nur das: Die Plünderer aus der Höhle sind zurück und nehmen die restlichen Überlebenden mit Waffengewalt gefangen. Lara ist erneut auf sich gestellt und begibt sich auf die Suche nach ihren FreundInnen. Ein Kampf ums Überleben, in dessen Folge Lara von Pfeilen durchbohrt, aufgespießt, geprügelt, verbrannt, kurz gesagt durch die Hölle geschickt wird, beginnt.

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Suder, schluchz, heul!

Vom Ur-Tomb Raider, das anno 1996 erschien, ist gameplaytechnisch kaum etwas geblieben. Hüpfte die taffe, wohlproportionierte Sexbombe früher gelenkig durch lineare Levels und schoss mit ihren zwei Knarren im Vorbeigehen ein paar GegnerInnen lässig aus den Latschen, ist die neue Lara – vorerst – weit weniger abgebrüht und aalglatt. Ganz im Gegenteil. Die unerfahrene Miss Croft ist sehr emotional, leidet, und ihr Kampf ums Überleben fühlt sich echt an. Sie ist emotional, entschuldigt sich gar bei dem ersten Reh, das sie aus Hunger erlegen muss. Auch der erste Mord – wohlgemerkt aus Notwehr – nimmt sie stark mit. Doch sie muss sich beweisen, muss stark sein und teilweise auch unbarmherzig, wenn sie dieses Abenteuer überstehen will. Die Schlauchlevels sind einer Art Open World gewichen. In frei begeh- und erkundbaren Levelabschnitten muss Lara auf die Jagd gehen, um dem Hunger Herr zu werden. Sie springt und klettert an Felswänden herum und erwehrt sich ihrer Haut gegen die fanatischen Plünderer mit dem Bogen. Im weiteren Spielverlauf gesellen sich noch andere Waffen und Ausrüstungsgegenstände zu Laras Arsenal, doch bis zum Fund der Pistole ist das britische Busenwunder relativ verwundbar, und so ist vorsichtiges Stealth-Gameplay angesagt, um der gegnerischen Übermacht die Stirn bieten zu können.

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Crafting mit Croft

Zunehmend wird sie durch diesen Überlebenskampf abgehärtet und erbarmungslos. Um nicht nur Persönlichkeitsbildung zu betreiben, sondern Lara auch zu einer wehrhaften Heldin zu machen, hält man auf der Insel Ausschau nach Bergungsgut, das ihr bei getöteten GegnerInnen, in Kisten und bei erlegten Tieren findet. Damit bastelt ihr provisorische Verbesserungen für eure Waffen. Außerdem sammelt Lara Erfahrungspunkte, die sie in diverse neue Überlebensfähigkeiten oder sogar Nahkampfmanöver investieren kann. So gestärkt, ballert sich Lara bald durch massenweise Sektierer und Wildtiere. Schade ist, dass sich so der ehemalige Schwerpunkt der Reihe, das Klettern und Rätsellösen, in den Hintergrund verabschiedet und die Action überwiegt.

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„Tombs?! I hate tombs!“

Ein netter Seitenhieb auf den Titel der Serie, den Lara da in ihrer weinerlichen Art beim Erkunden des ersten Grabes von sich lässt. Die angesprochenen Begräbnisstätten sind kleine Teilbereiche der Welt, in denen Lara kleinere Denkaufgaben lösen muss, um so zur namensgebenden Grabräuberin zu werden, weitere Erfahrungspunkte zu verdienen und die Levelkarte zu bergen. Auf dieser sind dann alle sammelbaren Gegenstände markiert, die man ebenfalls zum Zeitvertreib bergen kann. Nette kleine Sache, allerdings für SerienveteranInnen zu wenig, um zu befriedigen und als Ersatz für das ausgeklügelte Rätseldesign der Urteile herzuhalten.

Lara: So scharf und schön wie nie zuvor

Nun zum eigentlichen und einzigen Novum der Tomb Raider: Definitive Edition – der Grafik. Auf den Next-Gen-Konsolen zeigt Frau Croft ihre volle Pracht, und da reden wir noch nicht mal von ihren berühmten sekundären Geschlechtsmerkmalen (Doppel-D war einmal. Die neue Lara entkommt der übersexualisierten Vergangenheit). Viele Nuancen wurden extrem verbessert. Laras Equipment baumelt nun physikalisch korrekt an ihrem Gürtel, und auch die Haare beugen sich dank TRESS-FX nun korrekt der Schwerkraft. Zumindest meistens, denn bei der angesprochenen Überkopfszene zu Beginn baumelt ihr Pferdeschwanz zwar so einigermaßen rum, aber ihre Stirnfransen weigern sich gekonnt, das Diktat der Gravitation anzuerkennen. Das ist aber Kritik auf hohem Niveau, denn ansonsten überzeugen die knackscharfen Texturen, die dank Mapping in Höhlen feucht schimmern, und die extrem hübschen Partikeleffekte sowie die Beleuchtung auf ganzer Linie. Das Leveldesign ist extrem detailverliebt und fühlt sich sehr natürlich an. Alles in allem eine sehr glaubhafte Welt.

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Zusammenfassung

Tomb Raider war schon auf der Current-Gen ein gelungener, wenn auch sehr actionorientierter Reboot der altehrwürdigen Serie. Die Tomb Raider: Definitive Edition beinhaltet alle bisher erschienenen DLCs, ein zusätzliches Grab und sechs Outfits für die modebewusste Grabräuberin von heute. Grafisch wurde Laras letztes Abenteuer ordentlich überarbeitet und wirkt so auf PS4 und Xbox One noch natürlicher. Die Geschichte des Reboots ist straff inszeniert und dank atemberaubender Skriptsequenzen sehr temporeich.

Weiters wurde versucht, Lara Croft als Charakter mehr Tiefe zu geben und Verständnis für ihre spätere/frühere abgebrühte Attitüde zu sschaffen. Angesichts der extremen Situationen, durch die Lara da gejagt wird – manche sprechen gar von einem Torture-Porn –, ist das auch gelungen, allerdings verläuft der Wandel vom unbefleckten Mauerblümchen hin zur kampferprobten Amazone etwas arg schnell. Aber immerhin versucht man, die ehemalige, eiskalte Spielikone ins Hier und Jetzt zu überführen. Der erhöhte Action-Anteil ist auch nicht jedermanns Sache, jedoch sorgen der Open-World-Ansatz und die Rollenspielelemente für frischen Wind. Was unter dem Strich bleibt, ist ein hervorragendes Action-Adventure, das dennoch zu polarisieren vermag.

Die entscheidende Frage ist allerdings, ob sich ein erneuter Kauf der zum Vollpreis angebotenen Tomb Raider: Definitive Edition für BesitzerInnen der 2013er-Version lohnt? Hier gibt es eine klare Absage, denn spielerisch gibt es faktisch nichts Neues. Aber wer das Action-Adventure – so wie ich – bisher nicht gespielt hat und eine Next-Gen-Konsole besitzt, für den bzw. die ist Tomb Raider: Definitive Edition ein absoluter Pflichtkauf.

Wertung: 9 Pixel

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