South Park: The Stick of Truth (PS3) im Test

von Max Hohenwarter 08.03.2014

Trey Parker und Matt Stone schufen 1997 mit der Cartoonserie South Park eine der schamlosesten, kontroversesten und auch geschmacklosesten Satiren unserer Zeit. Auch mehrere Videospielumsetzungen wurden mit dieser Lizenz bereits versucht, die jedoch bestenfalls mittelprächtige Bewertungen einheimsen konnten. Ob South Park: The Stick of Truth zur selben Mittelmäßigkeit verdammt oder doch die versprochene „Epic quest to become … cool“ ist, lest ihr in meinem Test.

A Song of Ass and Fire

Der Schlacht der Konsolen ward ausgefochten. Die Opfer der Black-Friday-Schlacht um Xbox One und PS4 wurden entweder begraben oder leckten ihre Wunden. Der Krieg war aber weit davon entfernt, vorbei zu sein. Zwei Königreiche setzen den erbitterten Kampf um die Vorherrschaft fort. Auf der einen Seite: die Menschen des Kingdom of Kupa Keep, kurz KKK – hat da jemand „weiße Kutten“ gesagt? *hüstel* – unter ihrem rassistischen, narzistischen, besserwisserischen und reizbaren Führer, Wizard King Eric Cartman. Auf der anderen Seite die Drow Elves um den Hoch-Juden-König Kyle Broflovski. Dieses Mal geht es aber nicht um die Frage: Sony oder Microsoft?

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The Return of the Fellowship of the Ring to the Two Towers

Es geht um eine weitaus wichtigere Sache, die den Fortbestand der Menschheit und den Lauf der Welt beeinflussen wird – den Stab der Wahrheit. Das hört sich nach einem wertvollen und bedeutungsvollen Artefrakt an, ist allerdings nur ein popeliges, vertrocknendes und wahrscheinlich von Würmern zernagtes Stück Ast. Die Kinder aus dem verschlafenen Hinterwäldlerkaff South Park haben das LARPen (Anm: Live Action Role Playing) für sich entdeckt, und natürlich eskaliert das harmlose Spielen.So beginnt es, aber bald nimmt die Geschichte South Park-typisch wieder einmal nahezu lächerliche und grotesk-riesige Proportionen an, wobei so ziemlich alles durch den Kakao gezogen wird, das nicht bei drei auf den Bäumen ist – und sogar das wird von den Autoren noch mit ganz viel derbem Fäkalhumor beworfen. Was also die Fast-Food-Kette Taco Bell, Nazi-Zombie-Kühe und Ratten sowie Aliens mit einer Regierungsverschwörung zu tun haben, das erfahrt ihr, wenn ihr euch South Park: The Stick of Truth reinzieht. Ich warne auch allerdings vor Lachkrämpfen!

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You Have 0 Friends

Ihr seid das neue Kind in der Stadt. Aus irgendeinem euch (noch) unbekannten Grund, den euch eure Eltern verschweigen, seid ihr nach South Park gezogen. Eure erste Quest in Obsidian Entertainments South Park-Rollenspiel bekommt ihr von eurem Dad, der genug von eurer Stubenhockerei hat. Trefft gefälligst ein paar FreundInnen, heißt es da von der Erzeugerfraktion, und das macht ihr auch. Sogleich trefft ihr auf Paladin Butters, der Hilfe mit einem Elfenangriff benötigt. Nachdem ihr den Spitzohrträger verdroschen habt, geleitet euch der Kleine zum Wizard King Cartman persönlich. Dieser weiht euch in die Geschichte um den Stab der Wahrheit ein und lässt euch eine Klasse wählen.

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Good Times with Weapons

Kämpfer, Magier, Dieb oder Jude. Die Klassen bei The Stick of Truth unterscheiden sich aber nur in den erlernbaren Spezialattacken. Während der Magier beispielsweise mit Drachenatem (einem Feuerwerkskörper, den ihr dem Gegner ins Gesicht haltet) angreift, wirft der Jude den ersten Stein und ballert den Gegner mit seiner Steinschleuder aus den Socken. Diese Spezialattacken sind allesamt liebevoll und ideenreich dargestellt und zauberten mir jedes Mal – ob ihrer Überzogenheit – ein Lächeln ins Gesicht. Die Kämpfe werden rundenweise ausgefochten, jedoch reicht es nicht, die Attacke nur auszuwählen. Ihr müsst auch noch kurze Quick-Time-Events bestreiten, damit sie auch perfekt gelingen und somit mehr Schaden verursachen. Für das Blocken der Gegenangriffe gilt dasselbe. Als Belohnung erhaltet ihr logischerweise Loot und Erfahrungspunkte, die ihr in stärkere Attacken investiert. Andere Statuswerte gibt es nicht, mehr Schaden und Rüstung bekommt ihr lediglich über die Ausrüstung – ein Rollenspiel eben, aber in der Light-Variante.

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Make Love, not Warcraft

Genretypisch langweilig geht es auch bei den Nebenquests zu. Meist heißt es Töte Feind A, bring Gegenstand B oder sammle Zeug C. Auch die Belohnungen dafür sind meist redundant. Nicht aber im Falle spezieller Sidequests. Vier Charaktere haben für euch sogenannte Summons im Gepäck. Das sind besonders mächtige Attacken, durch die euch beispielsweise Jesus mit koscherem Sperrfeuer unterstützt oder Mr. Slave sich eure Gegner rektal einführt. Ach ja: Apropos „verarschen“. Magie gibt es auch – in eurem Darm. Die Zaubersprüche sind verschiedene Furzarten, mit denen ihr eure Widersacher buchstäblich in den Wind schlagt.

So kämpft ihr euch durch die durchweg aberwitzig inszenierte und für KennerInnen der Serie mit vielen Insiderjokes gespickte Hauptkampagne, die euch ca. acht Stunden auf Trab hält. Grast ihr ganz South Park komplett ab, erledigt alle Nebenquests und sammelt alle Collectibles, seid ihr ca. 15 Stunden beschäftigt.

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T.M.I.

In optischer Hinsicht ist South Park: The Stick of Truth so nah an der Serie, dass man die Übergänge von Cutscene zu Gameplay kaum mitkriegt. Das heißt aber im Klartext auch, dass von einer prachtvollen Grafik nicht die Rede sein kann. Aber wer braucht das bitte bei derartiger Vorlagentreue? Bei solch spartanischer Grafik sollte dann wenigstens die Performance stimmen, aber genau das ist eben nicht der Fall. Ständig plagt euch beim Szenenwechsel übermäßiges Tearing, und vom Kantenflimmern möchte man manchmal mindestens Brechreiz kriegen.

In akustischer Hinsicht trumpft das Spiel voll auf. Nicht nur bekannte Melodien aus der Serie, sondern auch alle OriginalsprecherInnen sind mit an Bord. Allerdings gibt’s nur eine englische Sprachausgabe, maximal mit deutschen Untertiteln.

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Quest for Ratings

Wider erwarten ist South Park: The Stick of Truth keine lieblos verwurstete Lizenzgurke, sondern ein Gottes-Geschenk für Fans wie mich. Die Story ist serientypisch absurd, komisch, lässt kein Auge trocken und bietet einige nette Wendungen. Die bitterböse Satire zündet und ist in rauen Mengen vorhanden, und auch die Optik der Show wurde perfekt eingefangen, wenngleich die Engine noch ein bisschen Feinschliff hätte vertragen können. Spielerisch liegt ein vernünftiges, aber abgespecktes Rollenspiel mit nettem Kampfsystem und saukomischen Spezialattacken vor.

Wer ein durchdachtes und ausgefeiltes Rollenspiel sucht, wird enttäuscht sein und darf von meiner Wertung gern 1.0 bis 1.5 Pixel abziehen, sollte dem Titel aber dennoch eine Chance geben. Ich hingegen bin seit Beginn ein riesengroßer Fan der Serie und hatte dank der Fülle an Anspielungen auf die Cartoons und der derben Satire sehr viel Spaß mit South Park: The Stick of Truth. Das Spiel ist Fan-Service in Bestform. Eine Super Phun Thyme für FreundInnen der vier rotzfrechen Viertklässler – absolute und uneingeschränkte Kaufempfehlung!

Wertung: 9 Pixel

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