#Shocktober – The Last Door im Test

von Marianne Kräuter 17.10.2020

Seid gegrüßt, Freunde des gepflegten klassischen Horrors! Sehnt ihr euch auch manchmal zurück nach Geschichten in der Art der alten Meister? In denen fremdartiges Grauen unsere menschliche Vorstellungskraft übersteigt? In denen unaussprechliche Schrecken lieber unentdeckt geblieben wären? – Dann schenkt mir ein paar Augenblicke eurer Aufmerksamkeit und lasst mich euch von The Last Door erzählen…

Gut abgehangener Horror

The Last Door macht keinen Hehl aus seinen Haupteinflüssen: Bereits in der Titelgrafik des Spiels wird mit einem Raben auf Edgar Allan Poe verwiesen und der Beginn der Geschichte ruft schaurige Erinnerungen an Erzählungen von H.P. Lovecraft wach: Wir schlüpfen in die Rolle von Jeremiah Dewitt, der von einem alten Freund einen besorgniserregenden Brief erhält. Also macht sich Jeremiah auf zum Anwesen des besagten Freundes, um der Sache auf den Grund zu gehen. Dabei findet er ein verlassenes Haus vor, bei dessen Erkundung rasch klar wird, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. So beginnt Jeremiah damit, in amateurdetektivischer Manier dem Mysterium auf den Grund zu gehen, wobei er auf allerlei Grausigkeiten stößt.

In vier Episoden erzählt The Last Door seine Geschichte, deren weiteren Verlauf ich nach der wagen Einleitung im Dunkel lassen möchte. Es sei jedoch vermerkt, dass ich mich stellenweise wahrhaftig gegruselt habe! Seinen Horror zieht das Spiel hauptsächlich aus der Handlung selbst; grafische Schockmomente gibt es wenige. Dabei wird der Schrecken, der recht überschaubar und im kleinen Maßstab beginnt, immer größer und unglaublicher. Ehe man begreift, worauf man sich eingelassen hat, ist man längst in einen übernatürlichen Strudel des Entsetzens geraten, aus dem man nicht mehr entkommen kann.

Lediglich das sehr offene Ende des Spiels, das auf einen zweiten Teil verweist, hinterließ einen bitteren Nachgeschmack. Ließ es mich doch mitten in einer packenden Geschichte mit vielen offenen Fragen zurück.

Jeremiah Dewitt in einem Bibliothekszimmer

(c) The Game Kitchen

Mit ‘ner Menge Fantasie

Getreu des Mottos “Die größte Furcht ist die Furcht vor dem Unbekannten” bietet The Last Door grobe Pixelgrafik, die ebenso viel zu verbergen scheint wie sie offenbart. Bei einem Horrorspiel wie diesem, das ganz auf atmosphärisches Unbehagen setzt, anstatt mit detaillierten grafischen Abscheulichkeiten aufzuwarten, funktioniert dieser Stil sehr gut. Schließlich lässt er viel Raum der Fantasie. Und nichts ist furchterregender als die eigene Vorstellungskraft!

Die Hintergrundgeräusche und Musik des Spiels tun ihr Übriges, um einem immer wieder Schauer über den Rücken zu jagen. Der Soundtrack drängt sich mal furios und laut im Vordergrund, mal schwelt er unheilschwanger und dissonant im Hintergrund. Umgebungsgeräusche wie Vogelkrächzen, angstvolles Atmen oder widerhallende Schritte in dunklen Gemäuern runden die gruselige Klangkulisse ab.

Immer mit der Ruhe

Spielerisch präsentiert sich The Last Door als simples Point-&-Click-Adventure. Das bedächtige Tempo dieses Genres kommt dabei dem sich ebenso gemächlich entfaltenden Grauen entgegen. Genretypisch steuern wir unseren Protagonisten mithilfe des Mauszeigers über einzelne Bildschirme, betrachten unterschiedlichste Gegenstände und stecken einiges davon in unsere Tasche, um es anderswo wiederzuverwenden, und so in der Handlung voranzukommen.

Das überschaubare Inventar sowie die recht simplen Rätsel lassen vermuten, dass nicht spielerische Herausforderung, sondern die Erzählung im Zentrum des Spiels liegt. Wusste ich mal an einer Stelle nicht weiter, kam ich fast immer durch nochmaliges Abklappern der paar zugänglichen Räume und Durchprobieren der verfügbaren Gegenstände rasch zur Lösung. Und durch die relativ kleinen Schauplätze lässt sich auch die gemächliche Laufgeschwindigkeit des Protagonisten ertragen. Trotz der groben Grafik funktioniert das Finden von Gegenständen recht gut. Lediglich ein einziges Mal übersah ich gegen Ende des Spiels mehrfach ein Item, weil zwei Hotspots sehr nahe beieinander lagen.

Jeremiah Dewitt stolpert durchs Dunkel

(c) The Game Kitchen

Alt aber gut

Trotz des enttäuschenden Endes möchte ich The Last Door allen empfehlen, die sich zur Abwechslung mal etwas Grusel im Stil der alten Schule wünschen. Ich rechne es dem Spiel hoch an, mich trotz des gemächlichen Tempos und der kruden Grafik in Unbehagen versetzt zu haben. Die klassischen Versatzstücke der Erzählung mögen vielleicht alt sein, haben aber noch lange nicht Staub angesetzt.

Wertung: 7.4 Pixel

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