Rasende Rowdies: Robo Rally im Test

von Marianne Kräuter 27.07.2017

“Die ganze Woche über rackern sich die Roboter von Robo Rally ab. Es gibt kein Entkommen aus der Fabrik. So kennen die Roboter nur ein Vergnügen: ihr wöchentliches Rennen samstagnachts. Hier kämpfen die Roboter ums Überleben, denn nur einer kann gewinnen.” – So stimmt uns der erste Absatz der Spielanleitung auf Richard Garfields Brettspielmeisterwerk von 1994 ein. Oh, habe ich da meine persönliche Meinung etwa schon vorweg genommen?!

Fakten

  • Empfohlenes Alter: 12+
  • SpielerInnenanzahl: 2 bis 6
  • Dauer: Je nach gewähltem Spielaufbau von ca. 30 bis über 120 Minuten
  • Inhalt: 6 doppelseitige Spielpläne, 1 doppelseitiges Startfeld, 6 Roboterfiguren, 1 Antennenfigur, 6 Checkpointmarker, 6 Reeboot-Marken, 48 Energiewürfel aus Kunststoff, 1 Sanduhr (30 Sekunden), 36 Checkpoint-Marken, 6 Roboter-Spielunterlagen, 40 Upgrade-Karten, 6 Programmierdecks mit je 20 Karten, 6 spezielle Programmierkarten, 74 Schadenskarten, 1 Stickerbogen, 1 Spielanleitung

Kenn ich den Namen nicht von irgendwo her?

Falls euch der Name Richard Garfield bekannt vorkommt, liegt das vielleicht daran, dass er der Erfinder des Sammelkartenspiels Magic The Gathering ist. Aber auch das unter BrettspielerInnen äußerst beliebte King of Tokyo geht auf seine Kappe.

Billige Komponenten

Doch kommen wir zu Robo Rally, dem Spiel das vor uns liegt: Ich muss gestehen, dass ich das Spiel vor diesem Test nicht kannte und war deshalb zunächst überhaupt nicht begeistert, als ich beim Auspacken der Neuauflage von Hasbro die schlechte Qualität vieler Spielkomponenten sah. Der Spielplan, einige Marker und die Spielkarten sind okay, doch die sechs Roboterfiguren lassen deutlich zu wünschen übrig. Lieber hätte ich unbemalte Figuren aus hochwertigerem Kunststoff in der Schachtel vorgefunden, als diese schleißig bepinselten billigen Plastikteile.

Während ein dünner blauer Plastikeinsatz gut dafür sorgt, dass alle Spielkomponenten beim Aufbewahren in der Schachtel ihren Platz haben, ohne durcheinander zu rutschen, war ich auch von dessen minderer Qualität enttäuscht: Schon beim Erstöffnen der Schachtel waren mehrere der Aussparrungen verbogen und verwölbt.

Auch was die Energiewürfel, die Checkpointmarker und die Checkpoint-Marken angeht, habe ich in den letzten Jahren durch die Bank im Bereich Brett- und Kartenspiele Hochwertigeres gesehen.

Jede Menge Spaß in der Rennarena

Dass auf die Qualität der Spielkomponenten so wenig Wert gelegt wurde, ist umso bedauerlicher, da das eigentliche Spiel fantastisch ist: Schwierigkeitsgrad und Spieldauer lassen sich leicht an die Vorlieben der SpielerInnen anpassen. Robo Rally lässt sich außerdem sehr einfach zu erklären und erlernen. Nichts desto trotz bietet es eine Menge interessanter taktischer Optionen, sodass die Partien auch für Fortgeschrittene stets spannend und unterhaltsam bleiben. Nachdem ich euch nun den Mund wässrig gemacht habe, werde ich endlich erklären, wie sich Robo Rally denn eigentlich spielt.

So wird gespielt

JedeR kontrolliert einen der Roboter, die sich in einer Fabrikshalle ein Rennen liefern. Der Roboter muss alle Checkpoints auf dem Spielfeld in bestimmter Reihenfolge abfahren. Wer als erstes den letzten Checkpoint erreicht, hat das Rennen gewonnen.

Das besondere dabei ist, wie sich die Roboter bewegen: Diese müssen nämlich jeden Zug vorprogrammiert werden. In der ersten Phase des Spielzugs können SpielerInnen auf dem Spielfeld offen ausliegend “Upgrades” kaufen, die ihnen diverse Vorteile verschaffen; dann geht es in die Programmierphase.

In dieser Phase zieht jedeR neun Karten aus dem persönlichen Programmierdeck, auf denen die einzelnen Bewegungsoptionen abgebildet sind. So lässt z.B. eine Karte den Roboter um zwei Felder nach vorne fahren, eine andere dreht ihn um 90 Grad nach links. Aus diesen neun Handkarten wählt nun jedeR fünf, die er oder sie in einer bestimmten Reihenfolge anordnet und mit der Rückseite nach oben vor sich ablegt. Natürlich sollte man seinen Roboter so programmieren, dass er von seinem jetzigen Standpunkt aus möglichst weit zum nächsten Ziel kommt oder dieses im besten Fall sogar erreicht.

Dass dieser Plan nicht immer wie gewünscht aufgeht, wird in der dritten Phase des Spielzugs deutlich, in der alle reihum die erste programmierte Karte aufdecken und die entsprechende Aktion ausführen. Haben alle Roboter ihre erste Bewegung hinter sich, werden unterschiedliche Mechanismen der Fabrik, wie Förderbänder, Drehscheiben oder Laser aktiv. Man sollte also immer darauf achten, wo man zum Stillstand kommt. Roboter können sich gegenseitig behindern, verschieben und auch Schaden zufügen: Blickt ein Roboter in die Richtung eines anderen, feuert er einen Laser auf diesen ab. Dieser Schritt wird noch weitere vier Mal wiederholt, bis alle Programmierkarten aufgedeckt und ausgeführt wurden.

Achtung, Computervirus!

Werden Roboter von Lasern getroffen, in Gruben geschupst oder auf irgendeine andere Art verletzt, müssen die SpielerInnen eine Schadenskarte nehmen, die ins Programmierdeck kommt und erst wieder daraus verschwindet, wenn sie gespielt wurde. Meist muss eine zufällige Programmierkarte an die Stelle der ausgespielten Schadenskarte gelegt werden, was die eigenen Pläne ganz schön durcheinander wirbeln kann.

Ein halbes Stündchen oder ein kompletter Abend?

Wie ich bereits oben erwähnt habe, kann man bei Robo Rally ganz einfach die gewünschte Spieldauer und den bevorzugten Schwierigkeitsgrad wählen. Möglich wird das durch die sechs modularen, doppelseitig bedruckten Spielpläne. Die Spielanleitung schlägt 19 Varianten vor und zeigt, wie die Spielpläne zusammengelegt werden sowie an welche Stellen die Checkpointmarker kommen. Während es auf den ersten Strecken noch recht gemütlich zugeht und die Gefahr hauptsächlich von den anderen MitspielerInnen ausgeht, will euch die Fabrik bei den Spezialstrecken “Roboter. Müssen. Zerstört. Werden.” gehörig ans Leder.

Durch weitere Regelabwandlungen kann das Spiel für Profis weiter erschwert werden. Doch auch eine einfachere Sondervariante zum Spielen mit jüngeren Kindern wird vorgeschlagen.  So bietet Robo Rally langanhaltenden Spielspaß für Jedermann (und Jederfrau).

Chaos!

Beim Erklären der wichtigsten Spielregeln oben, habe ich es schon anklingen lassen, doch ich möchte nochmal betonen, welch lustiges Chaos dieses Spiel bietet. In jedem Zug muss man nicht nur daran denken, wie man selbst am besten zum Ziel kommt, ohne in die Fabriksfallen zu tappen, sondern gleichzeitig auch darauf achten, was die MitspielerInnen treiben und vorhaben könnten. Und egal wie gut und wie viel man plant, es funktioniert doch nie so, wie man sich das gedacht hat.

Mein Fazit zu Robo Rally

Wer sich die Mühe gemacht hat, die oberen 900 Wörter durchzulesen, weiß es bereits: Ich bin von Robo Rally völlig begeistert!

Die Regeln und der Spielplan lassen sich mit Leichtigkeit an die unterschiedlichsten Anforderungen in Punkto Erfahrung, Alter und Anzahl der MitspielerInnen anpassen. Das Spiel ist schnell zu erlernen aber schwer zu meistern: Viele taktische Überlegungen halten Robo Rally auch nach mehreren Partien weiterhin frisch. Genau so viel Spaß wie das sorgfältige Planen des eigenen Zuges, bereitet das herrliche Chaos, das meistens folgt, wenn sich Roboter in die Quere kommen.

Einziger (für mich durchaus großer) Wermutstropfen ist die teils grottige Qualität der Spielkomponenten, doch davon sollte man sich nicht abhalten lassen, will man nicht eines der besten Brettspiele auf dem Markt verpassen.

Wertung: 9 Pixel

für Rasende Rowdies: Robo Rally im Test von