Moto Z2 play-Test: “Ich bau mir ein Handy”

von Michael Neidhart 22.10.2017

Das Moto Z2 play und ich haben vier gemeinsame Wochen hinter uns. Es war eine sehr schöne Zeit, die mich aber auch etwas nachdenklich werden lies. Die Wahl des passenden Handys ist inzwischen zu einer Art religiöser Offenbarung geworden. Und das bei einem Markt, der in ständigen Iterationen viel zu viele Geräte ausspuckt. Ehrlich betrachtet, geht es dabei längst nicht mehr um technischen Fortschritt. Kaum einer der großen Hersteller geht bei der Wahl der Eigenschaften und Features ein großes Risiko ein. Einzig der Preis macht hier den Unterschied. Ob ein Dual-Core, ein Quad-Core oder, wie im Fall des Moto Z2 play, ein Octa-Core als Herz fungiert, ist letztlich egal. Für den täglichen Einsatz macht es nämlich keinen Unterschied. Ich bin wirklich gespannt, wann sich dieses Gefühl bei der breiten Masse an KäuferInnen durchsetzt. Was bringt es schon, wenn mein neues Smartphone WhatsApp um drei Millisekunden schneller öffnet als mein altes?

Moto Mods: Endlich mal was Neues

Umso begeisterter war ich, als ich zum ersten Mal das Mod-Konzept Motorolas für mich entdeckt hatte. Vor allem, da ich mit der Marke sehr positive Gefühle verknüpfe. Das ist sicher meiner Generation geschuldet. Fast jeder in meinem Freundes- und Bekanntenkreis erinnert sich noch an das schwarze Motorola Razr V3, ein stylisches und flaches Klapphandy aus dem Jahr 2004. 13 Jahre sind seither vergangen und der Handy-Markt hat sich massiv verändert. Dass ein eigentlich alltägliches Produkt, wie es ein Handy nun mal ist, sich bei so vielen ins Gedächtnis eingebrannt hat, ist schon erstaunlich. Vielleicht erklärt sich damit auch mein positiver Zugang zur Marke.

Erst vor einem Jahr, im Sommer 2016, und nachdem die komplette Moto X-Linie eingestampft wurde, präsentierte das seit 2011 zum chinesischen Lenovo-Konzern gehörende Traditionsunternehmen mit dem Moto Z etwas ganz Frisches. Wie Stefan und ich beim Launch-Event des Moto Z2 play in Wien von Lars-Christian Weisswange, Geschäftsführer der Motorola Mobility Germany GmbH, erfuhren, kommt das Konzept bei den KundInnen auch sehr gut an. Ich finde das wirklich toll. Endlich versucht ein großer Hersteller etwas Neues und scheint damit einen Nerv zu treffen.

Ich bau mir, was ich brauche

Die Idee hinter den Mods ist schnell erklärt. An die Rückseite der Motorola Moto-Geräte lassen sich per Plug-n-Play verschiedenste Zusätze andocken. Zum Test stattete mich Motorola mit dem Moto Z2 play samt JBL SoundBoost 2, dem Turbopower Pack, und der Style Shell, die Wireless Charging ermöglicht, aus. Das gelungene Angebot wird durch ein Gamepad, einen Kameraaufsatz der genialen Marke Hasselblad, einem Insta-Share Projektor und einer 360° Kamera ergänzt. Damit stellen die Moto Z-Smartphones quasi das Schweizer Taschenmesser unter den Smartphones dar und vereinen verschiedene Gadgets in einem.

Der JBL SoundBoost 2 ist genau mein Ding!

Für mich als Soundenthusiasten am interessantesten ist natürlich der JBL SoundBoost 2. Der 2er steht für die zweite Generation, die jetzt, im Herbst 2017, das Licht der Welt erblickt. Dank dieses Mods kann ich endlich meine unzähligen kleinen Bluetooth-Boxen entsorgen. Auch wenn der Aufsatz im Freien an seine Grenzen stößt und ich damit zum Herrscher über die Musik werde, weil sich kein anderes Smartphone damit verbinden kann, ist die Box für mich ein idealer Reisebegleiter. Noch nie war es einfacher, Urlaubsvideos mit ordentlichem Sound herzuzeigen.

Moto Z2 play

Eigene Abbildung – Copyright: BeyondPixels.at

Mit Ausnahme der Style Shell, die meiner Meinung nach das schöne Design des Moto Z2 play “verschandelt”, bieten alle Mods echten Mehrwert. Mit dem Gamepad wird das Smartphone zu einem waschechten Handheld-Ersatz und der kleine Projektor ist die Errungenschaft, um endlich einer größeren Gruppe die nächsten Urlaubsbilder angemessen zu präsentieren. Für Foto-Enthusiasten hingegen ist der Hasselblad-Aufsatz eine echte Alternative zur kleinen Digicam. Mit 10-fachem optischem Zoom und Xenon-Blitz gelingen begeisterten Hobby-KnipserInnen selbst bei schlechten Lichtverhältnissen richtig gute Schnappschüsse, die natürlich gleich “geshared” werden können. Einziger Wermutstropfen ist für mich hier der Preis. Der Hasselblad-Mod schlägt mit gut 300€ zu Buche.

iOS oder Android – Das ist hier die Frage

Wie Eingangs erwähnt, bin ich kein nach technischen Daten geifernder Smartphone-User. Gute Hardware kann mittlerweile fast jeder Hersteller zusammenbasteln und ob einem das Design eines Geräts gefällt, ist Geschmacksache. Über die lässt sich bekanntlich schwer streiten. Entscheidend ist, wie sich ein Gerät im täglichen Einsatz schlägt und hier komme ich zurück zum fast religiösen Aspekt, den ein Handy-Kauf mittlerweile in sich trägt: Apple oder Google? iOS oder Android?

Apple-Jünger und Android-AnhängerInnen eint mehr, als sie auf den ersten Blick trennt. Jede Gruppe hält das von ihr angebetete System für ungleich besser als das andere. Gekämpft wird teils mit harten Bandagen und ohne Weitblick. Eines der Argumente, dass sich am hartnäckigsten hält ist jenes der Offenheit des Systems. Hier kann ich mit Speicherkarten erweitern und dort ist mein Speicherplatz beschränkt. Cupertino will all meine Daten und betreibt ein böses Spiel damit, während Mountain View nur die Bedienung vereinfachen möchte. Die Liste ließe sich endlos fortführen.

iOS oder Android – Alles eine Frage des persönlichen Geschmacks.

Ich kann jedem dieser Argumente etwas abgewinnen versuche hier dennoch die Mitte zu wahren. Ich finde, dass mittlerweile kaum ein Unterschied mehr besteht. Wie bei der Optik ist es eine reine Geschmacksfrage, welches System ich bevorzuge. Nicht einmal der Preis scheint noch eine Rolle zu spielen, denn die verschiedenen Provider, sei es T-Mobile, A1 oder 3Drei, um nur die großen zu nennen, bieten Packages, die jedes Gerät erschwinglich erscheinen lassen.

Ich hatte sowohl Android- als auch iOS-Geräte im Einsatz und würde mich weder als Android-Anhänger noch als Apple-Jünger bezeichnen. Deshalb möchte ich hier auch keine Empfehlung aussprechen, da wirklich beide Systeme inzwischen sehr gut funktionieren und bei ähnlichem Preisniveau der Geräte stabil laufen. Denn soviel sei schon gesagt, ein 200€ Android-Smartphone mit den Apple-Geräten zu vergleichen ist weder redlich noch sinnvoll.

Das Moto Z2 play im Alltagstest

Wie ihr seht, steckt hinter dem Kauf eines Smartphones mittlerweile tatsächlich eine philosophische Entscheidung. All das gilt es zu berücksichtigen, bevor ich euch nun meine Erfahrungen mit dem Moto Z2play schildere. Preislich bewegen wir uns im gehobenen Mittelfeld: um die 500€ müssen für die zweite Generation des Smartphones investiert werden – je nachdem, welche Mods ihr gleich dazuhaben möchtet. Dafür bekommt ihr ein Smartphone mit 5,5’’ 1080-Full-HD Super-Amoled-Corning-Gorilla-Glass-Display, einem 2,2 GHz Qualcomm Snapdragon 626 Octa-Core-Prozessor, 4GB Arbeitsspeicher und einer 12 MP Kamera mit Laser- und Dual-Pixel-Autofokus die 4K (30fps) Videos machen kann. Das Moto Z2play bietet, wie übrigens alle anderen Motorola-Modelle auch, außerdem Platz für zwei nano SIM-Karten.

Eigene Abbildung – Copyright: BeyondPixels.at

Einen Punkt Abzug gibt es für den Platz in der Hosentasche. Klar, bei 5,5’’ muss es unweigerlich eng werden, ich hätte aber nicht gedacht, dass ich es doch als störend empfinde. Das betrifft nicht das Stehen und Gehen, aber sobald ich mich in der U-Bahn oder sonst irgendwo hinsetzte, muss das Moto Z2 play aus dem Sack. Da ich einer bin, der andere immer belächelt, wenn sie fast prahlerisch ihr Handy auf den Tisch legen, eine ganz neue Erfahrung. Vielleicht liegt es also nicht am Angebertum, sondern an der Größe des Handys, wenn dieses plakativ auf den Tisch geknallt wird. Man lernt bekanntlich nie aus.

Mit 5,5” wird es leider etwas eng in der Hosentasche.

Umso angenehmer liegt es dafür am Ohr. Ohne Style Shell ist das Moto Z2 play ziemlich flach und fühlt sich super leicht an. Hörer und Mikrofon scheinen am richtigen Ort und arbeiten, Geräuschunterdrückung sei Dank, einwandfrei. Auch das Gewicht ist mit 145g auf gutem Niveau und lässt das Smartphone locker in der Hand liegen. Als Betriebsystem fungiert Android in der süßen Version 7.1.1 (Codename Nougat). Noch erschließen sich mir die Namen, welche Google seinem OS immer wieder gibt, nicht, immerhin ziehen sie ihr Süßigkeiten-Konzept rigoros durch. Motorola verzichtet nahezu vollständig auf irgendwelche modischen Gimmicks und lässt Android so, wie es von der Stange kommt.

Ein kleines Extra in Form dreier Moto-Steuerungen wurde aber doch in die Software integriert: Moto Action, Moto Display und Moto Sprache. Letzteres ist die hauseigene Sprachsteuerung, die bis dato leider nur die Sprachen Englisch (USA), Portugiesisch (Brasilien), Russisch (Russland) und Spanisch (USA) beherrscht. Moto Action ist recht praktisch, handelt es sich dabei doch um verschiedene Aktionen, die sich der verschiedenen Sensoren des Moto Z2 play bedienen. Mittels Fingerabdrucksensor lassen sich Apps steuern, die Taschenlampe schaltet sich nach zweimaligen Schütteln ein und dergleichen mehr. Alles sehr intuitiv und praktisch, um schnell durchs System zu navigieren. Mein Highlight ist das automatische Stummschalten, wenn ich das Smartphone verkehrt auf den Tisch lege. Moto Display steuert im Prinzip die Informationen, welche auf dem ausgeschalteten Display angezeigt werden und erlaubt einen Nachtmodus. Keine Raketenwissenschaft, aber doch praktisch.

Moto Z2 play

Auch bei schlechtem Wetter knipst man schöne Fotos. Copyright: BeyondPixels.at

Den Alltagstest besteht das Moto Z2 play mit Bravour. Drei Aspekte sind hier für mich die entscheidenden: das Display, das Design und die Moto Mods. Warum mich letztere so begeistern, haben ich bereits ausführlich dargelegt. Beim Design wird es etwas schwieriger, hier spielt zuviel persönliches Empfinden mit. Über jeden Zweifel erhaben ist aber das Display. Satte Farben und der scharfe Kontrast, erlauben auch bei ungünstigen Bedingungen gute Sehwerte. Vor allem die Kombination mit der JBL SoundBoost 2 macht das Moto Z2 play zum kleinen aber feinen TV-Ersatz für unterwegs. Einfach den Standfuß der andockbaren Box ausklappen, zurücklehnen und genießen.

Quo Vadis Motorola – Mein Fazit

Vier Wochen lang durfte ich meinen Alltag mit dem Moto Z2 play bestreiten. Und tatsächlich hat es das Smartphone geschafft, dass ich zumindest darüber nachdenke, meiner Hosentasche ein Update zu verschaffen. Das hängt weder mit den technischen Spezifikationen noch mit Android zusammen. Einzig die Moto Mods stellen für mich den Mehrwert her, der es sinnvoll erscheinen lässt, mir ein neues Smartphone zu besorgen. Ich warte schon lange auf ein neues und durchdachtes Feature, dass ein Smartphone aus der grauen Masse des Marktes hervorstechen lässt und der alte Hase Motorola scheint hier den richtigen Weg einzuschlagen. Während andere die Ränder des Displays verschwinden lassen, was zugegebenermaßen richtig cool aussieht, geht Motorola den anderen Weg. Sie erweitern die Geräte anstatt sie zu reduzieren.

Dank der Moto Mods eine echte Alternative zur grauen Masse.

Ich bin gespannt, wie das Moto Z2 play am Markt angenommen wird. Viel wird von der Kooperation mit den einzelnen Providern abhängen und hier hat Motorola mit T-Mobile sicher einen potenten Partner gefunden, der dafür sorgen kann, dass sich das Smartphone weit verbreitet. Danach gefragt, was den Zuspruch weiter erhöhen würde, fällt mir sofort das Wort Customization ein. Es gibt nur wenige Smartphones, die so leicht an den eigenen Geschmack angepasst werden können wie das Moto Z2 play. Immerhin liefert sich Motorola mit den Style Shells selbst eine Steilvorlage, um das Äußere des Smartphones zu verändern. Was wäre leichter, als User hier online ihr eigenes Shell gestalten zu lassen. Wenn Microsoft das mit seinen XBox-Controllern schafft, wird das wohl auch bei einem Smartphone möglich sein.

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