John Wick 2 Filmkritik: Gun-Fu für Fortgeschrittene

von postbrawler 14.02.2017

John Wick ist zurück! Wie hätte dieses Review auch anders beginnen sollen? Doch wird Keanu Reeves der Rolle des Schwarzen Mannes auch ein zweites Mal gerecht? Die beyondpixels-Redaktion hat sich John Wick 2 angesehen, um diese Frage zu beantworten.

John Wick 2

Arbeitest du, John? – Sieht ganz danach aus!

Unbedingt Teil eins anschauen

Vorab: Wer den ersten John Wick nicht gesehen hat, sollte das unbedingt vor dem Kinobesuch noch nachholen. Wir reden hier von einem echten Filmklassiker des Actionkinos. Auch die SchauspielerInnen des ersten Teils ließen sich nicht lange bitten, und traten geschlossen zum zweiten vorzeitigen Ruhestand-Abbruch des Profikillers an. Doch warum arbeitet der gutgekleidete Mann mit dem präzisen Abzugsfinger eigentlich noch? Wo er doch den Tod seines geliebten Hundes bereits in Teil 1 auf die denkbar gewalttätigste Art und Weise gerächt hat?

Die Schuldmünze wars!

Die Antwort auf diese Frage wird uns in Form eines neuen Gangster-Ritus präsentiert. John hat Blutschulden bei einem italienischen Gangsterboss. Seine Ehre als Profikiller bindet John an diesen Schwur. Und so zieht er los, um in Rom seinen letzten Auftrag zu erfüllen. Aber John Wick wäre nicht John Wick, wenn ihm dabei nicht der Ärger auf Schritt und Tritt folgen würde. Schon bald ist sein Weg wieder von Leichenbergen gepflastert.

Durch die Winkelgasse

Der Film hält sich dabei dramaturgisch an seine Vorlage. Wieder scheint der Mikrokosmos des Verbrechens völlig unbehelligt von der Realität zu funktionieren. Beinahe so, wie Hogwarts und die Welt der Zauberei sich vor banalen Muggeln verbirgt, scheint auch die Welt von John Wick nur das Gesetz der Unterwelt zu kennen. Mit den Continental-Hotels gibt es auch diesmal wieder ein weltweites Netz an Savehouses, in denen AuftragskillerInnen Unterschlupf finden. Und auch im zweiten Teil gilt wieder: Low-Tech ist das neue High-Tech! Monochron-Bildschirme, Wählscheiben-Telefone und Klapp-Handys prägen das Bild der Welt, in der John Wick für Gerechtigkeit sorgt.

Zuviel des Guten?

Doch da liegt meines Erachtens auch schon der große Haken begraben. John Wick 2 kann es sich leisten, auf all die netten kleinen Details seiner Vorlage nochmal ordentlich was drauf zu setzen. Die dreckigen Hinterhöfe und Fabrikanlagen des ersten Teils wurden zu gigantischen Set-Kulissen aufgeblasen. Vom Kolosseum in Rom, über strahlend weiße U-Bahn-Stationen, bis hin zu einem neo-medialen Spiegelkabinett zieht Regisseur Chad Stahelski diesmal alle Budget-Register. Der Film strotzt geradezu vor popkulturellen Referenzen, und lässt dabei eine ordentliche Portion der Eigenständigkeit, die John Wick auszeichnete, auf der Strecke. Klar, das Actionspektakel ist wiederum grandios inszeniert. Jeder Schnitt sitzt, und die Kamera verfolgt geradezu voyeuristisch das makabre Treiben. Da kann man John Wick 2 keinen Vorwurf machen!

Fazit zu John Wick 2

Berni:

Das Augenzwinkern hat sich zu einer handfesten Konjunktivitis ausgewachsen

Das Gleichgewicht zwischen Gut und Böse, zwischen normal und durchtrieben, wird in John Wick 2 meines Erachtens überstrapaziert. Der erste Teil war mitunter auch deswegen genial, weil er der Realität mit einem Augenzwinkern begegnete. Dieses Augenzwinkern hat sich mittlerweile zu einer handfesten Konjunktivitis ausgewachsen. Der Film versucht so sehr, die Klischees seiner Handlung zu referenzieren, dass sie bisweilen aufgesetzt wirken. Abgesehen davon überzeugt John Wick 2 aber auf ganzer Linie, was die Action anbelangt, und darum geht es bei so einem Film ja schließlich!

Michi:

Einen waghalsigen Feldzug gegen alles und jeden

Keanu Reeves begibt sich in der zweiten Ausgabe von John Wick auf einen waghalsigen Feldzug gegen alles und jeden. Ich bin grundsätzlich ein Fan derart eskapistischer Racheorgien, diesmal hat mich John Wick aber leider nicht so richtig überzeugen können. Die großartige Choreografie der Kämpfe kann über die unzählbare Menge an Opfern des wohlstrukturierten Auftragskiller-Imperiums nicht hinweghelfen. Diesmal war es mir einfach zu viel. Und das, obwohl der Hund keinen Namen hat.

Chris:

Der Mann, der Mythos, die Legende ist wieder aus dem Ruhestand zurück

Um es mit dem Worten des Bettlerkönigs (Laurence Fishburne) auszudrücken. Zeit also, ins Kino zu gehen und 120 Minuten “Gun-Fu” auf sich einwirken zu lassen. Ausgezeichnet choreografierte Kämpfe mit fast schon übernatürlicher Genauigkeit, von sowohl der Waffe, als auch den Fäusten, fügen sich gut in das bisschen an Story ein, das nötig war, um John Wick aus dem Ruhestand zu holen. Tiefe Einblicke in die weltweite “Killer-Kaste” und ihre Strukturen und Machenschaften liefern ein schönes Gefühl von Unbehagen, im fast schon comichaft wirkenden Universum von John Wick. Ein rundum gelungener Film, der Fans des ersten Teils begeistern wird.

Max:

Das muntere Morden gipfelt in einem Kaleidoskop der Gewalt

Bei John Wick 2 sind die Gunfights brutal, unmittelbar und derart durchstilisiert, wie sie es seit John Woos Heroic Bloodshed Orgien nicht mehr waren. Vor allem mittlerweile ältere ActionfreundInnen wie ich können dem rabiaten Ballerballett viel abgewinnen. Im Gegegnsatz zu 90% aller aktuellen Action-Filme ist der Schnitt auch schön entschleunigt. Auch die Locations können ästhetisch überzeugen. Mal ist die Umgebung steril weiß gehalten oder das Gun-Fu wird in farblich schön ausgeleuchteten Katakomben und Museen zelebriert, bis das muntere Morden wortwörtlich in einem Kaleidoskop der Gewalt gipfelt.

Bei all dieser testosterongeladenen Action mit Keanu Reeves als unaufhaltbarer Emissär des Todes, muss man aber auch erwähnen, dass John Wick: Kapitel 2 durch die Fülle an Bildgewalt andere filmische Nezessitäten vernachlässigt. Eine ansatzweise spannende Handlung, die nicht nur von gnadenloser, permanenter Action getragen wird oder gar Charaktere mit etwas mehr Tiefe als das Kinderplanschbecken im Freibad sucht man vegebens. Bei einem derart seichten Drehbuch helfen hochkarätige Nebendarsteller wie Peter Stormare oder Laurence Fishburne herzlich wenig. Auch das Ende, das so sperrangelweit offen gelassen wurde, nehme ich den Machern etwas übel. Aber nur etwas, denn wenn die angeteaste John Wick TV-Serie die Handlung und das teils absurd regelreiche Gesetzlosen-Universum in ähnlicher Weise und Qualität aufgreift, erfüllen sich alle feuchten Träume aller Action-Fans auf der ganzen Welt.

 

Wertung: 7.5 Pixel

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