Hairspray Musical – Wir waren bei der Premiere in Graz

von David Kolb-Zgaga 02.02.2018

Gestern fand die Premiere des knallbunten Musicalhits Hairspray, in der Grazer Helmut List Halle statt. Der Broadway-Erfolg ist in der deutschsprachigen Inszenierung mit Musicalstar Uwe Kröger und Schauspielerin Isabel Varell hochkarätig besetzt. Wir berichten euch vom Premierenabend in Graz vom exzentrisch, unterhaltsamen Hairspray und warum es doch ein paar Haare in die Musical-Suppe geschafft haben.

Das Baltimore der 60er Jahre

Hairspray spielt Anfang der 60er Jahre in Baltimore und das merkt man auch. Die Kostüme sind bunt und knallig, die Frisuren voluminös und von Haarspray getränkt. Die Geschichte handelt von Tracy (Beatrice Reece), einem übergewichtigen Mädchen, das den Traum hat in ihrer Lieblingsfernsehsendung mitzuspielen und mitzutanzen. Als Tracy es tatsächlich gelingt in die TV-Show reinzukommen, nutzt sie ihre neu erlangte Berühmtheit für eine Kampagne gegen Rassentrennung. Neben Glanz und Gloria schleichen sich aber auch Neid und Missgunst ein. Vor allem Produzentin Velma und deren Tochter Amber spinnen ihre Intrigen.

A little bit too much

Ich muss zu allererst gleich einmal ein paar Dinge loswerden, die mir nicht gefallen haben, doch dazu muss ich ein wenig ausholen. Die Geschichte ist eine klassische Teenie-Geschichte mit hübschen Highschool-Jünglingen und oberflächlichen Begegnungen („Du bist zu dick!“, „Du tanzt zu schlecht“, etc.). Es ist keine Coming-of-Age-Geschichte, denn niemand in diesem Musical entwickelt sich weiter. In diese naive, aber durchaus noch spaßige Oberflächlichkeit, mischt sich dann der Zeitgeist der Bürgerrechtsbewegung gegen die Rassentrennung in der USA. Und der wirkt im Kontext dieser deutschsprachigen Neuinszenierung nicht ganz ernst genommen.

Ich verstehe natürlich, dass auf einer Bühne eine gewisse Art von Overacting benötigt wird. Gerade aber Tracy und die eifersüchtige Amber übertreiben es aber dermaßen, dass das ganze Stück ins Alberne abdriftet. Zu einem Musical gehören eben nicht nur Gesang und tänzerisches Können, sondern auch Schauspiel und das war mir insgesamt zu überzogen. Immerhin gelingt es aber in einigen Szenen die Rassentrennung im Kontext von 2018 zu entfremden. Das regt durchaus an darüber nachzudenken, wie wenig Rechte AfroamerikanerInnen vor nicht einmal 60 Jahren hatten. Das restliche „ulkige“, ja „naive“ Auftreten bricht aber stark mit diesem Thema und wirkt unpassend.

Das Musical im Fernsehen

Bei Tanz und Gesang kann ich ein ganz klares Lob aussprechen. Die Qualität mit der die Lieder aus Hairspray gesungen wurden, ist sehr gut. Kreativ war auch die Darstellung eines Fernsehers, der die gesamte Bühne einnahm und somit darstellte, dass im TV gerade die „The Corny Collins Show“ läuft. Kritisieren möchte ich wiederum, dass die Songs eingedeutscht wurden und so etwas an Schwung verlieren. Zusätzlich ist die eine oder andere Übersetzung etwas unglücklich und lässt das Gesamtbild noch „naiver“ erscheinen. Man hätte sich einen großen Gefallen getan, wenn man es wie das bald in Graz erscheinende Musical Grease gemacht hätte und deutschsprachige Dialoge führt, aber die Songs im englischsprachigen Original belassen hätte.

Hairspray Fazit

Auch wenn ich nun viele Kritikpunkte aufgezählt habe, möchte ich damit nicht sagen, dass diese Neuinszenierung von Hairspray ein schlechtes Musical darstellt. Es findet seine Qualitäten vor allem im Gesang und Tanz, in schrillen Outfits und guter Laune. Wem das reicht, der wird mit Hairspray einen unterhaltsamen und lustigen Abend verbringen können. Mir war das Schauspiel aber einfach zu übertrieben und zu viel, wodurch ich an einigen Stellen komplett aus der Geschichte rausgeworfen wurde. Mir war alles ein bisschen zu heiter, ein bisschen zu aufgesetzt fröhlich und zu oberflächlich. Mit dem Hintergrund der Rassentrennung, die das Musical ja durchaus zu thematisieren versucht, passt das für mich einfach nicht gut zusammen. Um aber auch endlich einmal Roger Ebert (zum gleichnamigen Film von 1988) zitieren zu dürfen: „The point, however, is not the plot but the energy.“. Wer sich darauf einlassen kann, wird auch Spaß an Hairspray finden. Mir gelang das leider nur teilweise.