Grand Budapest Hotel (Blu-ray) im Test

von Ben Vollmann 04.10.2014

Wenn Wes Anderson seine kreative Energie in ein Filmprojekt steckt, dann sind zwei Dinge so obligatorisch wie die Explosionen in einem Michael-Bay-Film. Erstens gibt es in dem Film mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zumindest einen Gastauftritt von Bill Murray, zweitens kann man sich auf einen wilden Genremix aus Slapstick, Crime und Märchen einstellen, den Anderson mit seinem markant skurrilem Humor zu einem stimmigen Ganzen vermengt. Auch auf Blu-ray bleibt das Grand Budapest Hotel für Anderson-Afficionados und LiebhaberInnen pittoresker Einstellungen ein ideales Ausflugsziel.

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Facts

  • Genre: Komödie
  • Publisher: 20th Century Fox
  • Regie: Wes Anderson
  • Releasetermin: 5. September 2014

Der Film – Ein Concierge zum Verlieben

Der Film erzählt die Geschichte eines dynamischen Duos, das im Europa der 1930er-Jahre ungewollt in ein Netz aus Mord, Intrigen und aufkeimender Fremdenfeindlichkeit verwickelt wird. Ein gealterter Moustafa (F. Murray Abraham) nimmt dabei im mintgrünen Ambiente der frühen 1970er-Jahre die Rolle des Märchenonkels ein und erzählt einem jungen Autor (Jude Law) beim Abendessen die Geschichte seines Lebens. Seinen Ausgang nehmen die Ereignisse damit, dass der junge Zero Moustafa (Tony Revolori) als Lobby Boy im Grand Budapest Hotel anheuert. Den exzellenten Ruf, den das Haus damals genießt, hat es zu einem großen Teil dem mit der Pferdepeitsche herrschenden Chef-Concierge Monsieur Gustave (Ralph Fiennes in Arroganzhöchstform) zu verdanken. Da Zero schnell lernt, worauf es beim Bedienen der betuchten Gäste ankommt, entwickelt sich so etwas wie eine professionelle Freundschaft zwischen ihm und dem eitlen Schwerenöter Gustave. Dessen Schwäche für alte Damen bringt den Filou schließlich auch in Schwierigkeiten. Als Madame D. (Tilda Swinton), eine seiner liebsten Anbeterinnen, in ihrem Herrenhaus verstirbt, macht er sich zusammen mit Zero sofort auf, um ihr die letzte Ehre zu erweisen. Leider wird seine noble Geste von den Verbliebenen der Madame gar nicht gewürdigt. Zu allem Überfluss stellt sich bei der Testamentsverlesung dann auch noch heraus, dass sie Gustave das wertvolle Renaissancegemälde „Jüngling mit Apfel“ vermacht hat. Nach einer Auseinandersetzung mit Dimitri (Adrien Brody), dem wütenden Sohn der Madame, entwenden Gustave und Zero kurzerhand das fragliche Bild und suchen das Weite. Was folgt, ist ein temporeiches, amüsantes und spannendes Katz-und-Maus-Spiel vor dem Hintergrund des ausbrechenden Zweiten Weltkriegs.

Bild, Ton und Extras

Die Blu-ray-typische Auflösung von 1080p trägt dazu bei, die knalligen Farben und detaillierten Sets in Kinoqualität auf den heimischen Schirm zu zaubern. Auch die Audioausgabe zeichnet sich durch ein sattes Klangbild aus. Auf Deutsch bekommt man immerhin DTS 5.1 geboten und im englischen Original sogar DTS-HD 5.1. Bei den Untertiteln kommt zu einer deutschen und einer englischen Variante noch eine türkische dazu. Was den Aspect-Ratio betrifft, sollte man nicht zu fluchen anfangen, wenn dieser zwischen 16:9 und 4:3 wechselt. Hier habt ihr es nämlich mit einer künstlerischen Entscheidung von Anderson und nicht mit einer Fehlfunktion eures Blu-ray-Players zu tun. Wer sich mit den auf der Disc enthaltenen Featurettes und Goodies beschäftigt, kann neben dem Grund dafür auch erfahren, wie Bill Murray seine Bratwurst isst und wie man selbst ein Mendl-Turmküchlein aus dem Film bäckt. Das einzige Manko stellt meiner Meinung nach das Fehlen eines Audiokommentars mit Regisseur und Besetzung dar. Bei wahrscheinlich bis zum Bersten gefüllten Terminkalendern von Stars wie Norton, Goldblum, Fiennes, Murray und Brody verwundert es aber nicht, dass dieses Feature fehlt.

Kritik – Auf hohem Niveau

Auch wenn sich die Besetzungsliste wie ein Auszug aus dem Telefonbuch von Beverly Hills liest, ist Grand Budapest Hotel weit mehr als ein uninspiriertes Cash-in-Projekt, das ein Dutzend Stars vor den Marketingwagen spannt. Neben Fiennes, der dem schrulligen Concierge eine dezente Aura melancholischer Nostalgie verleiht, glänzen auch Brody und Dafoe als Grufti-esque Bösewichte. Was den Film neben der Liste an erstklassigen SchauspielerInnen – es sind zu viele, um sie wirklich alle aufzuzählen – vor allem auszeichnet, ist der für Wes Anderson typische skurrile Mix aus fantasievollem Märchen und düsterer Komödie. Auch die kunstvoll überzeichnete Gestik und Mimik, die einer Liebeserklärung an den Stummfilm gleichkommt, die traumhaft pittoresken Sets und die Kameraführung, deren Geometrie und Exaktheit jeden Bildausschnitt zu einem Gemälde werden lassen, tragen ihren Teil dazu bei, Grand Budapest Hotel zu einem Film zu machen, der erfrischend anders ist als die übliche Hollywoodkost. Eine der großen Stärken Andersons ist es, vergangene Jahrzehnte bildgewaltig und detailverliebt in Szene zu setzen; auch in dieser Hinsicht ist Grand Budapest Hotel keine Ausnahme. Ob im schäbigen kommunistischen 1970er-Jahre-Ambiente der Rahmenhandlung oder in den prunkvollen Lobbys, Sälen und Suiten der 1930er, das Setdesign und der Look des Films triefen vor Retrochic und Nostalgie. Zugegebenermaßen ist Wes Andersons eigenartiger Humor nicht jedermanns Sache, wer sich aber für aufgemalte Schnurrbärte, „epische“ Skiverfolgungsjagden à la James Bond, Nasenbluten und märchenhaft schöne Bilder begeistern kann, sollte sich überlegen, demnächst einmal für zumindest zwei Stunden im Grand Budapest Hotel einzuchecken.

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