GDC Europe 2015: Die Moral im narrativen Design

von Michi Haid 05.08.2015

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Ich war heute für euch am zweiten Tag der GDC Europe 2015 in Köln dabei und habe an einigen interessanten Vorträgen teilgenommen. So sprach die Studentin Jana Stadeler über die Implementierung von moralischen Entscheidungen und die Auswirkungen für das narrative Spieldesign. Seth Sivak, Spieleentwickler bei Proletariat Inc, ließ die Entwicklung der letzten neun Monate des Mobile Games World Zombination Revue passieren und berichtete von den Problemen, die dem Team in dieser Zeit zu schaffen machten.

Jana Stadeler beschäftige sich in ihrem Vortrag mit dem Thema moralischer Entscheidungen in Spielen, wie diese genutzt werden und vielleicht genutzt werden sollten. Für sie gibt es drei große Säulen, um wichtige Entscheidungen in Spielen sinnvoll einzusetzen.

Zur Verhinderung eines linearen Spielverlaufs können die EntwicklerInnen erstens die Geschichte stetig verzweigen. Je mehr Entscheidungen den SpielerInnen zur Verfügung stehen, umso differenzierte kann sich die Geschichte weiterentwickeln. Dadurch steigt natürlich auch der Wiederspielwert des Titels. Stadelers Problem mit dem exzessiven Verzweigen von Storylines ist aber, dass ein/e EntwicklerIn z. B. einen so verzweigten Teil der Geschichte zur Umsetzung bekommt, dass ihn wahrscheinlich keine zehn SpielerInnen jemals sehen werden. Welche Motivation bleibt hier, um diesen Part des Spiels bestmöglich umzusetzen?

Die zweite wichtige Säule betrifft den Kontext des Spiels. Wie sollen SpielerInnen in einem moralischen Dilemma reagieren, wenn sie mit dem Kontext des Spiels nicht viel anfangen beziehungsweise sich mit den Figuren nicht identifizieren können?

Zu guter Letzt sind für Stadeler auch die SpielerInnen selbst wichtig. So sagte sie, dass für sie auch MehrspielerInnen-Matches ein narratives Design haben. Denn wenn die Spielfigur zum Beispiel auf dem Skill „Charme“ hochgelevelt wurde, bedeutet das zwar, dass die NPCs bis zu einem gewissen Grad beeinflusst werden können. Spielt man aber mit echten Menschen zusammen, dann braucht es weit mehr als einen auf charmant geskillten Kollegen, um mit den Tugenden Teamwork und Verlässlichkeit gemeinsam die Umgebung unsicher zu machen.

Als Beispiele für Spiele, die für ihre moralischen Zwickmühlen bekannt sind, führte Stadeler Star Wars: Knights of the Old Republic, The Wolf Among Us und The Banner Saga an. Sie hob das Moral- beziehungsweise Gut.-vs.-Böse-System von Star Wars: Knights of the Old Republic lobend hervor, weil es hier eben nicht nur die beiden Extreme, sondern auch Grauzonen gebe. Bei The Wolf Among Us kritisierte sie das Aufscheinen von wichtigen Entscheidungen, z. B.: Eine Person im Spiel hat sich die Entscheidung gemerkt und wird diese dem/der SpielerIn im Verlauf der Geschichte vorhalten. Indem man die SpielerInnen auf diese Tatsache aufmerksam macht, nehme man ein wenig die Spannung aus dem Spiel, da die SpielerInnen in diesem Moment wüssten, dass sie für die nächsten Augenblicke sicher vor spielbeeinflussenden Entscheidungen stehen. Den Dauerbeschuss des/der SpielerIn durch moralische Entscheidungen in The Banner Saga lobte Stadler hingegen in den höchsten Tönen, da hier den SpielerInnen so gut wie kein Feedback über die Auswirkungen der getroffenen Entscheidungen geliefert werde.