Final Fantasy Tactics – The Ivalice Chronicles im Test: Erneut zeitlos wie Schach
Vor 28 Jahren saßen einst zwei Jungs auf dem Boden vor dem kleinen Fernseher und starrten gebannt auf den Bildschirm. Die Ruhe wurde nur von Button-Klackern und gelegentlichem hitzigen Taktik-Besprechungen unterbrochen. Final Fantasy Tactics Besprechungen, um genau zu sein. Was für viele eines der besten Final Fantasy Spiele war, wird von Square Enix nun neu aufgelegt. In neuem Glanz und mit einigen Updates haben wir unsere alten Strategie-Skills abgestaubt und Final Fantasy Tactics – The Ivalice Chronicles für euch getestet.
Das Kult-Spiel ist ab sofort für Nintendo Switch/Switch 2, PlayStation, Xbox Series und PC verfügbar.
Das gehört ins Museum!?
Entgegen der weit verbreiteten Meinung, Remasters seien einfach umzusetzen, steckt hinter der Modernisierung in die Jahre gekommener Spiele weitaus mehr, als man denken mag. Das Spiel muss auf aktuelle Plattformen geportet werden, alte Grafiken auf die hohe Auflösung unserer nichts-verzeihenden Flatscreens hochgerechnet werden, Systeme müssen neu durchdacht und feingeschliffen werden und möglicherweise werden auch Inhalte auf Zeitgemäßheit geprüft. Die Designelemente und der Programmcode der Originale sind dabei natürlich eine hervorragende Ausgangsbasis.
(c) Square Enix
Tja… lustige Geschichte… denn leider hat sich der Originalcode von Final Fantasy Tactics seit 1997 in Luft aufgelöst. Kein Scherz! Das Remaster des Taktik-Klassikers ist in Wahrheit kein Remaster, sondern ein von Grund auf neu erschaffenes Remake. Darüber kann man sich einerseits amüsieren, andererseits können wir aber auch nicht anders, als über diesen riesigen Aufwand zu staunen.
Polierter Klassiker & glänzende Neuheit
Trotz des Start-Handicaps präsentiert sich Final Fantasy Tactics – The Ivalice Chronicles in zwei Grafik-Modi. Im neuen Advanced Mode genießen wie aktualisierte HD-Grafik und neue Updates der Pixel Art aus dem Original. Dafür wurden die ursprünglichen Sprites neu interpretiert, um die höhere Auflösung zur Tugend zu machen und die Charaktere und Level in neuem Detailgrad erstrahlen zu lassen. Auch die Menüs und die Darstellung der Kampfabfolge in den rundenbasierten Schlachten wurde neugestaltet, um mehr Übersicht zu erlangen.
(c) Square Enix
Außerdem wurde für den Advanced Mode sämtlichen Charakteren eine Stimme gegeben. Entgegen dem rein textbasierten Original aus den 90ern, wurde der Advanced Mode mit vollem Voice-Cast vertont. Passend zur neuen Vertonung wurde auch das Skript für die Moderne angepasst und einige neue Zwischenrufe, die zufällig während Kämpfen vorkommen, hinzugefügt. Wer näher am Original bleiben möchte, kann sich aber auch problemlos für den Classic Mode entscheiden, der sich streng an das originale War of the Lions Übersetzung hält (das glücklicherweise nicht der Zeit zum Opfer fiel).
Der Advanced Mode bietet außerdem einige Quality-of-Life-Verbesserungen, ist in drei Schwierigkeitsgraden spielbar (im Vergleich zur festen Difficulty des Originals im Classic Mode) und lässt Fans die Kampfabläufe außerdem im Zeitraffer durchspielen. So kommt man schneller zum nächsten eigenen Zug.
Die entscheidende Frage lautet natürlich: Welchen Mode solltet ihr wählen? Denjenigen, die Final Fantasy Tactics zum ersten Mal erleben, empfehlen wir den Advanced Modus. Dieser ist einsteigerfreundlicher, stellt euch weniger Steine in den Weg und ist vor allem dank der Vertonung immersiver. Seid ihr jedoch FFT-Veteranen, ist es sicher eine Herausforderung der besonderen Art, sich ins Jahr 1997 versetzen zu lassen und sich dem Classic Mode zu stellen.
(c) Square Enix
Rosarote Brille oder war früher alles besser?
Schon des öfteren haben wir in Reviews von Remastered Versionen das Phänomen erwähnt, das auch Final Fantasy Tactics – The Ivalice Chronicles bedient – jedoch in diesem Fall in Form des Spielerlebnisses und der Zugänglichkeit des Spiels. Während FFT in unseren Erinnerungen ein intensives, fesselndes Erlebnis ist, das uns von Sekunde 1 an gepackt und dann wochenlang nicht losgelassen hat, so treffen wir im Jahr 2025 beinahe sofort auf gewisse Hürden.
(c) Square Enix
Nun sind Hürden nicht intrinsisch schlecht, sondern oft ein Teil des „wie damals“-Gefühls, das wir uns von Remasters erhoffen. Dennoch waren wir überrascht, wie sperrig die Schwierigkeit der Story-Kämpfe sich zeigt. Vor den meisten Herausforderungen der Kampagne kamen wir nicht ohne eine gepflegte Grinding-Session aus, um die Job-Rollen unserer Charaktere zu leveln und uns eventuell neue Ausrüstung zuzulegen. Purist*innen mag diese hohe Messlatte ein Lächeln schenken. Neulinge fühlen sich von den harten Challenges aber vielleicht zu sehr ausgebremst und könnten sich von Final Fantasy Tactics abwenden.
(c) Square Enix
Beweist man allerdings Ausdauer und stellt sich den Ansprüchen des Spiels (oder macht es sich mit der neuen Squire Difficulty im Advanced Mode etwas leichter), ist man rasch in einem Bann. Schnell wird klar, wie das komplexe Job-System uns dutzende Stunden faszinierten Tüftelns beschert hat.
Fantasy Arbeitsmarkt
Ist unser Protagonist nun ein Knappe? Ein Chemiker? Wird er zu einem Ritter? Einem Ranger? Einem Mönch? Oder Dragoon? Oder geht er doch den anderen Weg und entwickelt sich zum Weiß- oder Schwarzmagier? Wird dann zum Mystiker? Oder geht den Weg des Beschwörers? Und was sind eigentlich die Vor- und Nachteile all dieser Jobs? Und wie funktioniert das Ganze überhaupt?
Die Jobs in Final Fantasy Tactics wird am besten in einem Job-Tree dargestellt. Dabei sind Entscheidungen für eure Charaktere und Teammitglieder aber nicht final – ganz im Gegenteil. Es ist sehr zu empfehlen oder sogar notwendig, eure Charaktere im Verlauf des Spiels verschiedene Jobs erlernen und auf ein bestimmtes Level heben zu lassen. Denn auf diese Weise schaltet man in Final Fantasy Tactics – The Ivalice Chronicles Fähigkeiten und Skills frei. Beispielsweise sind heutzutage selbstverständliche Aktionen wie einen Heiltrank zu trinken, ein Skill, den FFT-Charaktere erst als Chemiker lernen müssen. Davor stehen eure Ritter und Ranger, wenn es brenzlig wird, dumm da.
(c) Square Enix
Viele Jobs haben dabei bestimmte Levels in anderen Jobs als Voraussetzung. Manche Jobs sind sogar nur für bestimmte Charaktere erlernbar, die eine besondere Rolle in der Story von Final Fantasy Tactics spielen.
Das Job-System in seiner Gänze zu erklären, würde problemlos den Rahmen unserer Review sprengen und euch außerdem die Freude am Entdecken und Tüfteln nehmen. Von unserer Seite nehmt einfach die Ermutigung mit, euch von der Komplexität nicht frühzeitig abschrecken zu lassen. Ein tieferes Eintauchen in FFT wird jeder/jedem Taktiker*in und Rollenspieler*in ein einzigartiges Erlebnis schenken.
Remake gut, alles gut?
Final Fantasy Tactics – The Ivalice Chronicles beantwortet die Frage “Puristisch oder modernisiert?” mit einem einfachen „Ja“ und schafft damit ein Kunststück, das die meisten Neuauflagen von Game-Klassikern vor eine Herausforderung stellt.
Der Classic Mode stellt das Original so nah wie möglich nach. Hier erlebt man dank des gewissenhaft nachgebauten Codes, der originalen Übersetzung und den gleich belassenen Systemen im Grunde dasselbe Erlebnis, das 1997 Fan-Herzen erobert hat. Square Enix beweist Respekt vor der ursprünglichen Vision, sowie vor FFT-Veteran*innen.
Wo andere Remasters aufgehört hätten, legt Square Enix noch eins obendrauf. Denn neben den erwähnten Veteran*innen gibt es natürlich zahlreiche Gamer*innen, die vom legendären Final Fantasy Tactics gehört, es aber noch nie gespielt haben. Anstelle einer sehr einfach umzusetzenden „take it as is or leave it“-Einstellung öffnet das vielleicht prominenteste JRPG-Studio mit dem Advanced Mode die Arme auch für Neulinge.
Und auch dabei, macht Square keine halben Sachen! Mit ein paar Quality of Life Anpassungen und hochgerechneten Grafiken ist es bei weitem nicht getan. Der Advanced Mode geht die ganze Länge und bietet neuen, verfeinerten Look, der sich die Möglichkeiten moderner Hardware zu Nutze macht, ohne den Stil des Originals zu vergessen. Er adaptiert Gameplay und Systeme, ohne den Kern des Spiels (vor allem das Job-System) zu verbiegen. Er schafft neue Schwierigkeitsgrade, um auch unerfahrene JRPG-Spieler*innen zu einem tollen Erlebnis einzuladen. Und als Kür vertont er die stimmungsvolle Story mit vollem Voice Cast, um noch mehr Immersion zu schaffen.
Ihr seht schon, dass sich unsere Review mehr, wie eine Lobeshymne anhört. Und das geben wir auch offen zu. In der Tat ist unser einziger Kritikpunkt, dass der ewige Grind zwischen den Story-Kämpfen nicht nötig wäre, oder zumindest auf leichteren Difficulties beseitigt sein sollte. Geschmäcker sind allerdings verschieden und viele Fans genießen eine gute Grind-Session ebenfalls.
(c) Square Enix
Es ist nun also 2025. Und zwei Männer in ihren 30ern sitzen auf dem Boden vor einem deutlich größeren flachen OLED-Screen und starren gebannt auf den Bildschirm. Die Ruhe wird nur von Button-Klackern und regelmäßigem nostalgischen Lachen und Glucksen unterbrochen. Und beide haben keinerlei Zweifel daran, dass Square Enix‘ Remaster-Taktik in Final Fantasy Tactics – The Ivalice Chronicles voll aufgegangen ist.