Dolmen Test: Konkurrenz für From Software?

von Mathias Rainer 19.05.2022

Zur aktuell wohl unpassendsten Zeit veröffentlichen Entwickler Massive Work Studios und Publisher Prime Matter ihr Science Fiction-Soulslike. Im folgenden Dolmen Test verrate ich euch, ob das Game From Software und konkret dem aktuellen Welthit Elden Ring Konkurrenz machen kann. Ich habe das Spiel auf der Playstation 4 zwar nicht komplett durchgespielt, dennoch reicht mein Eindruck aus um euch eine Kaufempfehlung auszusprechen – für den einen und/oder den anderen Titel.

Dolmen Test – Konkurrenz für Elden Ring?

Um die selbst gestellte Frage auch gleich zu beantworten: nein, Dolmen ist keine Konkurrenz für eines der besten Soulslikes aller Zeiten. Und das will der erste, kleine Titel des brasilianischen Entwicklers Massive Work Studios auch gar nicht sein. Dennoch haben sich die kreativen Köpfe hinter dem Game an vielen Stellen von Dark Souls inspirieren lassen. So sehr, dass das Action-Rollenspiel unweigerlich mit den Größen des Genres in Verbindung gebracht wird und damit konkurriert – wenn auch unfreiwillig. Damit hat sich auch Publisher Prime Matter – gerade in der aktuellen Zeit – keinen wirklichen Gefallen getan.

From Softwares Hype-Titel ist nicht einmal 3 Monate alt und das Spiel bietet genug hochwertigen Content, dass eine Vielzahl an Zockern noch nicht damit durch sein werden. Ich selbst habe in Elden Ring bereits über 200 Stunden auf dem Buckel und bin immer noch nicht durch. Andere die es sind, starteten bereits voller Vorfreude in ihr NG+ um die Massen an verpassten Inhalten nachzuholen. Und gerade in diese Phase stößt jetzt Dolmen. Ich war in der Zwicklmühle. Denn obwohl ich an den allermeisten Stellen sehr viel Spaß mit dem Science Fiction-Soulslke hatte, wollte ich doch eigentlich nichts sehnlicher als zurück in die Zwischenlande. Aber alles der Reihe nach.

Willkommen daheim im Jahr 2011

Mit der Überschrift ist eigentlich auch schon sehr viel gesagt. Dolmen spielt sich fast identisch wie der Nachfolger von Demon’s Souls aus dem Jahr 2011. Und während sich das Soulslike-Genre in den letzten Jahren doch deutlich weiterentwickelt hat, spiegelt man bei Massive Work Studios das Gameplay von damals fast 1:1 wieder. Zu Beginn hat man die Auswahl zwischen insgesamt 4 unterschiedlichen Charakterklassen, darunter einen leicht aufzulevelnden Rekruten, einen geschickten Scharfschützen oder einen massiven Tank. Allesamt die Hightech-Equivalente des Ritters, Bettlers oder Assassinen. Wie bereits in vergangenen vergleichbaren Titeln wähle ich hier wieder den flinken Typen aus, der zwar wenig Grundschaden anrichtet, dafür viel Ausdauer besitzt und daher im Kampf sehr lange sehr wendig bleibt.

Von Gewandtheit ist nach einer kurzen einführenden Cutscene dann aber wenig im tatsächlichen Spiel zu finden. Die Spielfigur steuert sich Dark Souls-typisch träääääge – jede Bewegung zählt. Und diese kommen wir wahnsinnig bekannt vor. Ich benutze R1 am Playstation-Controller für einen schnellen Schlag, mit R2 setze ich zum schweren Hieb an. Meine Energie – welche durch einen roten Balken links oben am Bildschirm angezeigt wird – kann ich mit Viereck wieder auffüllen. Allerdings nur so oft, wie viele Energie-Batterien ich zur Verfügung habe. Mit Kreis mache ich einen raschen Dash vorwärts oder seitwärts – was Ausdauer verbraucht. Diese wird direkt unter der Lebensleiste als grüner Balken angezeigt. Dazu gesellt sich noch ein blauer Balken, der nicht unser Mana sondern die Energie angibt, welche wir für unsere Pistole bzw. sonstige Fernkampfwaffe als “Munition” benutzen.

Ihr seht also schon, woher viele der Gameplay-Anleihen in Dolmen kommen. Nach meinen ersten Geh-Versuchen im Game hat sich dieser Eindruck noch verstärkt. An der erstbesten Straßenkreuzung kann ich an einem Lagerfeuer-Verschnitt rasten, welcher mich in den Hub des Spiels – unser Raumschiff – zurückbringt, wo ich meine erworbenen Punkte gegen Level oder Waffenverstärkungen eintauschen kann. Versteht mich an dieser Stelle nicht falsch: Massive Work Studios baute hier ein Spiel als Hommage an ein für viel und für sie auch faszinierendes Spiel von From Software. Und das finde ich in diesem Fall nicht nur in Ordnung, sondern sogar wirklich fantastisch!

Jedes Action-Adventure oder Rollenspiel ist meiner Meinung nach besser mit einem der grandiosesten Kampfsysteme die es auf dem Markt gibt. Und Dolmen adaptiert sogar so viel davon, dass ich mich als alter Souls-Veteran von Beginn weg pudelwohl im Game fühle. Während mir andere Spiele in den ersten Minuten oder sogar Stunden mühselig ihre Prinzipien und Mechaniken aufzwingen wollen, stellt dieser Titel gleich am Anfang klar, woran man hier ist. Und auf der einen Seite ist das für mich auch ein sehr großer Pluspunkt, weil ich kaum ein vergleichbares Spiel habe, worauf diese Eigenschaft auch zutrifft.

Der Spross von Doom und Dark Souls

Allerdings ist unter dem Strich und nach mehreren Stunden der für Souls-Games ebenso typische Anspruch auch nicht gegeben. So hat es in dem vergleichbaren Mortal Shell (hier geht es zu meinem Test) Stunden gedauert, bis ich das Kampfsystem mit der Verhärtung wirklich beherrscht hatte. Hier kam ich nie an den Punkt, wo ich das Game wirklich so meistern musste. Die Fallhöhe ist nicht annähernd vergleichbar. Und wenn wir schon von diesem vergleichbaren Spiel eines anderen Indie-Studios reden – in Mortal Shell merkt man an jeder Ecke, dass jedes Byte qualitativ hochwertig ist. Das fängt dort bei den (großteils) smoothen Animationen an und hört bei dem gut strukturierten Menü auf. Dolmen wirkt im Vergleich wie von einer Kindergarten-Truppe zusammengebastelt.

Die Steuerung ist leider durchgängig zu hakelig, um das für einen Action-Titel im Jahr 2022 noch als hochwertig rechtfertigen zu können. Die Animationen von Gegner sind bei Angriffen oft so blitzschnell, dass man als langsamer Charakter oft gar keine Möglichkeit zum ausweichen hat. Auch wenn man den From Software Titeln viel vorhalten kann, dann geben sie einem durch ihre designten Feinde immer eine Möglichkeit zur Reaktion. Die habe ich hier offen gesagt zeitweise vermisst. Liebes Massive Work Studios Team: wenn ihr euch etwas von Dark Souls abschaut, dann bitte auch diese Feinheiten, die das Spiel aus der Masse hervorgehoben haben.

Ein großer Punkt warum mein Interesse an Dolmen irgendwann zu neige ging, sind zum einen das grässliche Art-Design und zum anderen die 0815-Science Fiction-Story. Zuerst zu letzterem: an irgendeinem Punkt hat die Menschheit Dimensionssprünge entdeckt und durch diese auch Kontakt zu anderen Rassen aufgenommen. An der Stelle brauche ich auch nicht weiter ausführen, ihr wisst genau was dann passiert ist. Einfach billigstes Klischee wird hier bedient. Dabei ist gerade bei Dark Souls die Suche nach Antworten auf die vielen Fragen des Spielers während eines Durchgangs der Antrieb. Hier wird mir die Story aber klar wie reines Wasser Häppchen-weise und in gar nicht so schlecht gemachten Zwischensequenzen auf dem Silbertablett serviert. Mir persönlich wäre es lieber gewesen, man hätte weniger Geld für die Cutscenes investiert und einen guten Autoren angeheuert. Aber dann wäre vermutlich der Markt für Verkäufe noch ein wenig mehr eingeengt gewesen.

Zum Art-Design: stellt euch vor, Ridley Scott’s Alien und John Carmacks Doom bekommen ein Kind. Ungefähr so sieht Dolmen optisch aus. Man startet das Spiel in einem von außerirdischen Formationen geprägtem Untergrund und arbeitet sich langsam aber bedächtig durch von humanoiden Wesen erbauten Forschungsanlagen hoch an die Oberfläche. Und während ich das schreibe hört es sich sogar noch besser an als es tatsächlich ist. Langweilig! Im wüstenartigen Gelände an der Oberfläche (wirklich sehr originell)  danach geht die Horror-Show dann noch weiter. Wofür ich das Team dann aber wieder loben muss ist, dass sie sich bei ihrer Strukturierung der Level auch einigermaßen Gedanke gemacht haben. Die Gänge, Räume, Areale und so weiter sind nicht einfach nur unmotiviert aneinandergeklatscht worden, sondern bilden mit Fortdauer des Spiels ein regelrechtes Spinnennetz.

Das ist im übrigen eine tolle Überleitung, bringt es mich nämlich zum meinem letzten Punkt meines Dolmen Tests – den Bossgegnern. Was wäre ein richtiges Soulslike ohne fette, mächtige Bösewichte, die einem den Arsch versohlen wollen. Und auch hier muss ich “Chapeau” rufen! Alle Bosse (oder zumindest jene, die mir begegnet sind) waren das tatsächliche Highlight im gesamten Game. Egal ob das der allererste Gegner die Riesenspinne war oder der Antike Krieger nach einigen Spielstunden. Sie alle hatten interessante Bossmechaniken, die mich dazu gebracht haben, mir immer neue Taktiken einfachen zu lassen. Das ist tatsächlich eine Stärke von Dolmen, die das Spiel mit dem aktuellen Krösus der Industrie Elden Ring gemeinsam hat.

Dolmen Test Fazit: Sieg für das Original im direkten Duell

Dolmen ist durchwegs ein ordentliches Spiel und an manchen stellen sogar richtig gut! Das größte Problem besteht einfach darin, dass es in seinem Genre noch bessere Titel gibt. Egal ob das die “Originale” wie Dark Souls, Bloodborne oder eben der aktuellste Ableger Elden Ring sind oder hochqualitative Hommagen wie Nioh oder Mortal Shell. Es gibt dabei eigentlich leider keinen guten Grund, warum man diese Games eher auslassen und stattdessen lieber dieses Erstlingswerk zocken sollte – außer natürlich man wollte immer schon ein Science Fiction.Soulslike spielen. Wobei, selbst in diesem Segment gibt es ja bereits Titel wie The Surge.

Ihr seht also, eine wirkliche Empfehlung kann ich nur an all jene alteingesessen Genre-Veteranen aussprechen, die bereits mehrere hundert Stunden in den oben angesprochenen Titeln reingespielt haben und nun einfach einmal frischen einen Nachschub für ihre Droge brauchen. Dolmen ist ab morgen für 39,99 Euro etwa auf Steam erhältlich. Ein Elden Ring bekommt ihr auf der gleichen Plattfomr für nur 20 Zacken mehr. Ein Mortal Shell – das in meinen Augen immer noch würdigste Soulslike – bekommt ihr aktuell übrigens für 24,99 Euro. Die Entscheidung liebt bei euch.

Wertung: 7.5 Pixel

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