Borderlands 4 (PS5) Test — Loot, Lacher und lahme Framerate

von Max Hohenwarter 18.10.2025

Borderlands sorgte seinerzeit für die Geburt des Looter-Shooter-Genres: Fetzige Ego-Ballereien, Rollenspielelemente á là Diablo, irre Waffen-Designs und durchgeknallter Humor. All das steckt natürlich auch wieder in Borderlands 4. Der neueste Teil wartet allerdings nicht nur mit einer Open-World auf, verbessert das Movement und feilt am Lootsystem, sondern kämpft (immer noch) mit Rucklern und anderen Bugs.

Borderlands 4 Story, oder – No Kings! No Keepers!

Der Schauplatz von Borderlands 4 ist der neue und recht weitläufige Planet Kairos: eine unterdrückte Welt, deren tyrannischer Herrscher, der sogenannte Timekeeper, gerne die Kontrolle über alles und jede:n hätte. Um dies zu erreichen bekommt jede:r Bewohner:in von Kairos ein Gedankenkontrollgerät in die Wirbelsäule eingepflanzt.Und natürlich bekommt auch ihr diese Prozedur zu spüren, als ihr auf Kairos landet. Am Ende des Tutorials könnt ihr euch aber der Kontrolle durch den Timekeeper widersetzen und entflieht. 

Ihr schlüpft in Borderlands 4 die Rolle von derzeit vier Klassen – eine fünfte steht schon in den Startlöchern – und begebt euch in den Widerstand gegen den despotischen Timekeeper. Mit Revolutionsführer Claptrap an eurer Seite stürzt ihr euch also in den Kampf, um den Planeten vom Joch der Gedankenkontrolle durch den Diktator (und selbstredend auch von ihm selbst) zu befreien.

Um jedoch an den Kerl heranzukommen, gilt es erst seine drei Statthalter:innen in drei recht abwechslungsreichen Klimazonen (grüner Dschungel, verschneites Gebirge und zerklüftete Steppe) von Kairos aufzusuchen und sie ganz freundlich um den Schlüssel zu bi… Ach quatsch! Natürlich sollt ihr ihnen aufs Fressbrett klopfen, ihren Loot einsacken und ihnen den Bolzen, der Zugang zur Zitadelle des Timekeepers liefert, aus dem Genick reißen. Zivilisiert nach Kairos-Art eben…

Borderlands 4: Lots of Open World baggage

Zwischen den Story-Quests gilt es natürlich zig Collectibles und anderen Standard-Open-World-Kram abzuklappern. Weil die Story nicht allzu sehr fesselt, geht sich auf dem Weg zur nächsten Mainquest easy noch die ein oder andere Drillsite, der nächste Propagandalautsprecher oder gar noch ein Vault, aus. Zumindest dann, wenn vorher drei Schlüsselfragmente in der Spielwelt gefunden wurden. Mit denen öffnet ihr die Kammern und legt darin recht starke, mehrphasige Bosse für seltenen Loot.

Ihr merkt, dass ich nicht sehr viele epische Momente aus der übergeordneten Borderlands 4 Story nennen kann, denn ganz ehrlich: Die Kampagne geht beim gediegenen Looten und Leveln eigentlich komplett unter und kann ignoriert werden. Zum Glück ist die Story nach dem erstmaligen Durchspielen überspringbar. An die Großartigkeit und erzählerische Dichte der Kampagne von Borderlands 2 kommt Gearbox meiner Meinung nach einfach nicht mehr ran. Die Inszenierung der Sidequeests hingegen ist wirklich top.

Enjoy the Sideshow

Die toll geschriebenen und oft mehrstufigen Nebenaufgaben sind definitiv ganz großartige Unterhaltung. Serientypisch triefen sie auch wieder vor Anarchohumor.Kostprobe gefällig? Helft einer blind gegangenen Bombe dabei, ihren Lebenszweck zu erfüllen, indem ihr sie ihrer Bestimmung zuführt oder unterstützt die dezent psychotische Ripper-Wissenschaftlerin Dr. Amberleigh dabei ihre neue, wortwörtlich hochspannende Elektroschocktherapie zu testen, um den angezüchteten Wahnsinn der Ripper Banditen ein für allemal zu „heilen“. Fakt ist: ihr werdet keine der Nebenquests bereuen.

Kammerjäger:innen – oder: Igitt igitt, wer will denn sowas sein?!

In meinem Borderlands 4 Test werde ich sicherlich nicht die offizielle deutsche Bezeichnung ‚Kammerjäger:innen’ verwenden, sondern von den Vault Hunter:innen sprechen. Ich hasse Insekten und habe teils panische Angst vor ihnen! Entsprechend chapeau und Respekt an alle hart arbeitenden Kammerjäger:innen da draußen, aber ich kann und will euren Job nicht machen müssen. Ich würde den ganzen Tag nur hysterisch rumbrüllen. Tötet ihr mal gruseliges Getier IRL, ich morde mich lieber durch ganz Kairos.

Endlich Tiefe

Aber genug von meiner Entomophobie. Kommen wir zu den vier eigentlichen Vault Hunter:innen. von Borderlands 4 Die Vier heißen Amon, Harlowe, Rafa und Vex. Jede:r von ihnen hat eine recht interessante und nachvollziehbare Backstory die einerseits die jeweilige Motivation gut erklärt, weswegen die Vier sich zum Glücksrittertum entschieden haben, andererseits gehen die individuellen Geschichten, die sich in sammelbaren Echo-Logs stark vertiefen bisweilen durchaus ans Herz .

So entsteht etwas, das seit dem Ur-Borderlands fehlt: Bindung an euren Char. Für mich ist das ein ziemlicher Bonuspunkt, wenn die Klassen von grindlastigen ARPGs immersive Tiefe haben und sie so greifbarer werden. Wirkliches Profil entwickelten die bisherigen Protagonist:innen meistens erst, wenn sie in späteren Serienablegern als Teil der Story wieder auftauchten. Aber das gehört nun der Vergangenheit an, also genießt die verlinkten Charakter-Spotlight Videos.

Von Maulhelden, Hexen und Viking Metal

Rafa ist einerseits selbstverliebter Maulheld und anderseits ein abtrünniger Tediore Exo-Soldat und trägt eine Deadframe-Panzerung. Die ist, wie ihr im obigen Video sehen könnt, gleichzeitig Fluch und Segen für Rafa. Doch konzentrieren wir uns auf aufs Positive, sprich die Vorteile für Rafas Überleben als Vault Hunter. Mit dem Deadframe Exoskelett kann er beispielsweise Selbstschussanlagen oder elektrische und ätzende Arc Knives auf sein Exoskelett materialisieren.

Harlowe wird als „Gravitar“ bezeichnet. Sie experimentiert als ehemalige Maliwan Wissenschaftlerin mit Gravitations- und Stasis-Spielereien. Dann ist da noch Vex, die Sirene dieses Teils – eine f%&§ing witch, geht man nach ihrer Vorstellung im Intro. Sie beschwört unter anderem Geister, die sie auf alles hetzt, das ihr ans Sirenenleder will.

Der muskelbepackte Forgeknight Amon ist der einzige Überlebende eines Kults, der Vaultmonster anbetete und zuletzt auch erfolgreich eines davon beschwor. Nun jagt er diese, um zu verhindern, dass weitere Unschuldige, wie sein Ehemann Malcom diesen Bestien zum Opfer fallen. Die Persönlichkeit des hünenhaften Space-Wikingers gleicht laut Wiki eher der eines Kriegspoeten, der gerne Pistazieneiscreme isst.

Auf dem Schlachtfeld hingegen holt er Elementarstreitäxte und ein dickes Energieschild heraus und zeigt, dass er auch ganz anders kann. Kleine Anmerkung: Mich würde übrigens sehr wundern, wenn für Amons Namen nicht die Viking Metal Band Amon Amarth Pate gestanden hätte.

Build it better!

Spielerisch kommt jede:r der vier Vault Hunter:innen in Borderlands 4 mit drei separaten Skillbäumen, die jeweils einem Actionskill unterliegen, daher. So lässt sich gut experimentieren. Außerdem schaltet man mit fortschreitender Charakterentwicklung auch sogenannte Augments, bzw. in letzter Instanz auch besonders mächtige Capstones frei, die die Actionskills nochmal stark in ihrer Wirkung verändern und verbessern. Dennoch fügen sich die Fähigkeiten gut in die sonstige Balleraction ein, da sie zwar stark, aber nicht übermächtig sind.

Die Klassen bieten jedenfalls echte Abwechslung, deren Unterschiede im Gameplay spürbar sind und die sich mit gut abgestimmten Builds wirklich mächtig anfühlen und bis zu einem gewissen Grad sogar minmaxen lassen.

Haus da eine, des Jaukerl!

Borderlands 4 Review

Die Psychos sind in Borderlands 4 wieder los – Bildquelle & Copyright by 2K Games

In Borderlands 4 gibt es neben den altbekannten Klassenmods nun auch Waffenkits, die einerseits bestimmte Parameter (u.a. spezifischen Waffenschaden oder Nachladegeschwindigkeit) verbessern und andererseits auch ein weiteres neues Feature stärker machen. 

Diese neue Mechanik sind die lizenzierten Waffenteile. Eine Jacobs Shotgun kann in Borderlands 4 zum Beispiel Torgue’s sticky Gyrojets verschießen, die erst beim nachladen explodieren oder Elementarschaden dank Maliwan Technologie austeilen.

Als letzter Buildmodifikator gesellt sich zu obigen Mods und Schilden in Borderlands 4 außerdem noch ein jederzeit einsetzbares Stimpack, das euch heilt und zudem noch andere kurzzeitige Boni für eure Vaulthunter:innen parat hat. 

Borderlands 4 Test

Harlowe, Amon, Vex und Rafa stürzen sich in den Kampf um Kairos in Borderlands 4 – Bildquelle & – Copyright by 2K Games

Nenn es nicht Open World.

Das größte spielmechanische Versprechen von Borderlands 4 ist das neue vertikale Leveldesign, sowie nicht wie bisher abgetrennte weitläufigere Areale sondern eine offene Welt ohne Ladezeiten. Randy Pitchford selbst würde Kairos keine Open World nennen, das brächte nämlich soviel Ballast mit sich, wie er in einem Interview meinte. „Seamless“, also nahtlos, sei sie, die Spielwelt. Aber wer den Gearbox Chef kennt, weiß, dass er neben Peter Molyneux wohl der größte BS-Baron der Gaming Branche ist.

Wie bereits oben erklärt, wird diese Open World vom selben Standard-Ballast gesäumt, der euch auch in Assassin’s Creed und Konsorten über den Weg läuft, sprich eine zunehmend mit Fragezeichen und Icons zugemüllte Weltkarte. Das ist also schonmal der erste Mist, den Randy Münchhausen verzapft hat.

Brave New Open World?

Dennoch: mit Grappling Hook, Gleiter-Mechaniken, stärkerer Vertikalität und viel Environmental Storytelling überzeugt mich Kairos durchaus sehr. Mir macht es Spaß, die Grenzen der Spielwelt zu entdecken. Und die finde ich während meines Tests von Borderlands 4 öfter als mir lieb ist. Wer dank der erweiterten Fortbewegungsmöglichkeiten etwa an Breath of the Wild und dessen Du-siehst-es-und-kommst-da-auch-hin Philosophie denkt, wird von der vermeintlichen Nahtlosigkeit von Borderlands 4 schnell in die Realität zurückgeboxt.

Zu oft habe ich laut Map ein Collectible oder eine Aktivität gesehen und wollte auf direktem Weg per Gleiter dort hinschweben, nur um dann an einer unsichtbaren Spielweltgrenze abzuprallen, obwohl ich das Plateu über der Klippe ohne Probleme hätte erreichen müssen. Sag weißt du eigentlich, dass Wörter wie ‚nahtlos‘ auch eine innewohnende Bedeutung haben und nicht nur wahllose Aneinanderreihungen von Buchstaben/Silben sind, Randy? Ja? Scheinbar nicht. Pitchford hat also wenigstens nicht damit gelogen, dass Borderlands 4 keine Open World ist, also metaphorisch zumindest 😉

Can it run Borderlands 4?

Visuell bleibt der Reihe der zeitlose Cel-Shading-Look erhalten. Viele bemängelten diesbezüglich immer, dass Borderlands keine wirklich eindrucksvolle und bombastische Grafik hätte. Dem widerspreche ich aber vehement. Ich liebe Spiele mit dieser Comic-Optik seit jeher und zudem altern derlei Titel dadurch extrem gut. Für Borderlands 4 wurde außerdem mit moderner Beleuchtung, schärferen Texturen und opulenteren Effekten die Präsentation auf eine neue Stufe gehoben und das merkt man – leider…

Es gibt – mittlerweile über einen Monat nach Release – immer noch spürbare Probleme bei längeren Sessions oder in besonders hitzigen Gefechten. Framerate-Drops unter die 30er Grenze, nachladende Polygonmodelle und Texturen gehören zum daily business. Ich spiele auf einer OG PS5 und die Framerate kracht bei mir manchmal so in den Keller, dass ich die Lust am Weiterzocken verlor. Im Performance-Modus.

Den Quality Modus von Borderlands 4 habe ich einmal kurz aktiviert. Nach zwei laggenden Ingameschritten und einer Kehrtwende ins Menü habe ich dieses Experiment beendet und ging wieder zum Performance Modus über, der zumindest die meiste Zeit Bildfrequenzen jenseits der 30 pro Sekunde liefert.

Dass die Switch 2-Version von Borderlands 4 vorerst auf unbestimmte Zeit verschoben wurde wundert mich kein bisschen. Viel Spaß beim Porten eines Games, das selbst auf viel stärkerer Hardware derzeit oftmals stark ruckelt, weil es so „premium“ programmiert wurde, oder, Randy?

Zudem tauchen UI-Bugs auf (z. B. falsch markierte Items, teils nicht korrekt dargestellte Inventar-Icons) und das nervt schon hart bei einem Game, in dem man nicht gerade unmerklich viel Zeit im Inventar verbringt. Gearbox und 2K haben diese Probleme anerkannt und bereits mehrere Patches und Hotfixes angekündigt bzw. sogar schon ausgerollt. Dennoch bestehen die Probleme weiterhin.

Fazit: Borderlands 4 könnte der bis dato beste Teil sein… when it’s done!

Als langjähriger Fanboy der ersten Stunde tut es weh, so viele Pixel gegenüber Borderlands 3, das faktisch das schlechtere Spiel ist abziehen zu müssen — doch die Wertung spiegelt den (technischen) Stand mehr als einen Monat nach Release wider und das geht bei einem „Premium Game, das“, so Pitchford „für Premium Gamer:innen gemacht wurde“ und zudem eine Preispolitik fährt, bei der „die echten Fans schon einen weg finden, es sich zu leisten“ einfach nicht, stimmts Randy? (Er hatte übrigens doch recht – ich als großer Fan habe einen Weg gefunden, an Borderlands 4 zu kommen: ich schreibe dieses Review und habs dafür von 2K zur Verfügung gestellt bekommen 😉

Spielerisch bietet Borderlands 4 gegenüber dem vorangegangen Teil viele sehr sinnvolle Gameplay-Weiterentwicklungen, eine (fast schon zu) klassische (halb)offene Welt mit massiver Vertikalität — aber auch viele Probleme, die den Spielspaß nicht nur marginal beeinträchtigen, bis sie gefixt sind. Borderlands 4 könnte das beste Borderlands sein, sobald es fertigoptimiert ist.

Ich bin mir sicher, dass das innerhalb der nächsten paar Wochen oder Monate geschehen wird, aber für den derzeitigen (18.Oktober 2025) technisch unsauberen Zustand gibt’s für dieses „Premium Game“ nur unten stehende Fanboy-Wertung. 

Wertung: 8.4 Pixel

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