Attack on Titan Part 1-Kinokritik: Reine Zeitverschwendung!

von Stefan Hohenwarter 28.09.2016

Warum ich meine Attack on Titan Part 1-Kinokritik mit „Reine Zeitverschwendung“ beginne, werdet ihr spätestens am Ende meines Berichts verstehen. Aber alles schön der Reihe nach.

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Eine Erfolgsgeschichte

Hajime Isayama hat mit der Geschichte rund um Menschen, die sich hinter drei riesigen Mauern vor menschenfressenden Titanen verstecken, den Grundstein für ein erfolgreiches und überaus beeindruckendes Franchise gelegt. Schon die ersten Bände wurden von Mangafans in der ganzen Welt regelrecht verschlungen. Vom Hype angestachelt, wurden in weiterer Folge eine Anime-Umsetzung sowie einige Spin-offs produziert, die die Welt erweitern und komplettieren.

Ist ein Realfilm sinnvoll?

Mit Realfilmen sollte die Cashcow nochmals gemolken werden. Doch kann man die komplexe Geschichte überhaupt in einem Filmformat erzählen und wenn ja, reichen dafür zwei Filme?

Die Geschichte ist ja bereits bekannt, dachte ich mir. Ist es also sinnvoll, sie euch wieder zu erzählen, damit ihr wisst, worum es in Attack on Titan – Part 1 geht? Ja, definitiv! Warum? Ganz einfach, der Film hat mit der Mangavorlage – abgesehen von ein paar Namen der ProtagonistInnen und der dystopischen Welt – nichts mit Hajime Isayamas Grundstoff zu tun. Deshalb fasse ich kurz zusammen, was euch erwartet, falls ihr den Kinobesuch wagen wollt.

Das Grauen kehrt zurück!

Wir leben in einer Welt, in der eines Tages riesengroße Titanen – menschenartige und menschenfressende Monster – aufgetaucht sind. Sie haben die Menschheit fast komplett ausgelöscht – nur ein paar wenige haben es geschafft, sich hinter drei gigantischen Mauern in Sicherheit zu bringen. Seit langer Zeit leben die Menschen nun hinter diesen Schutzwällen. Im inneren Bezirk leben die EntscheidungsträgerInnen der Überlebenden. Im nächsten Ring die Kaufleute, und im äußersten die LandwirtschaftlerInnen. In eben diesem Bezirk leben auch die Teenager Eren Jäger, Mikasa Ackermann und Armin Alert. Während Armin und Mikasa ein einfaches und glückliches Leben führen, sehnt sich Eren danach, aus dem Käfig auszubrechen. Es gibt für ihn keinen Grund, hinter der Mauer zu bleiben, denn Titanen wurden schon seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen. Just in diesem Moment fängt der Boden zu beben an. Und schon sehen wir die Ursache dafür: Ein kolossaler Titan lugt über die schützende Mauer und reißt ein gigantisches Loch in sie. Daraufhin verschwindet er, doch der Schaden, den er angerichtet hat, verändert das Weltbild. Kleinere Titanen, die noch immer die Größe von mehrstöckigen Häusern haben, strömen durch die zerstörte Mauer und fangen an, Menschen zu fressen. Es ist ein regelrechtes Massaker, denn es gibt keine wirksamen Waffen gegen sie. Das Resultat ist, dass nahezu alle BewohnerInnen des Außenbezirks getötet werden. Als wäre das noch nicht schlimm genug, geht auch das gesamte Ackerland verloren, weshalb die verbleibenden Menschen nach zwei Jahren unter einer Nahrungsmittelknappheit leiden. Nur wenige, darunter Eren und Armin, haben den Angriff überlebt. Mikasa hingegen ist offenbar von einem Titanen gefressen worden.

Die einzige Lösung aus dem Nahrungsdilemma ist, dass ein Stoßtrupp bis zum Loch vordringt und es zu schließen versucht. Helfen soll dabei die neuartige 3D-Kampfmanöverausrüstung samt messerscharfen Klingen, mit denen Teile aus dem Nacken der Titanen geschnitten werden können. Das ist bislang der einzig bekannte Weg, um die Menschenfresser zu töten, denn alle anderen Verletzungen heilen in wenigen Augenblicken. Wird es Eren und dem restlichen Trupp gelingen, die Mission erfolgreich zu beenden und lebend zurückzukehren?

Unterschiede zur Mangavorlage

  • Levi, der wohl stärkste Kämpfer des Aufklärungstrupps, heißt im Film Shikishima und spiegelt den Charakter aus der Vorlage nicht einmal im Ansatz wider – einzig die Kampffähigkeiten sind auf demselben Niveau.
  • Das Frauenbild von Mikasa ist im Film einfach ein Witz! Sie hat absolut nichts mit der starken Figur im Manga zu tun.
  • Die Welt ist wesentlich fortgeschrittener als jene in der Mangavorlage, was der inneren Logik der Attack on Titan-Welt widerspricht, da es ausgefeilte Technik schlicht nicht mehr gibt. So bewegt sich der Stoßtrupp im Film beispielsweise mit Panzerwagen fort, während im Manga Pferde das wichtigste Transportmittel sind.
  • Eren verwandelt sich zufällig während der Mauerschließungsmission in einen Titanen. In der Vorlage wird aber das Wissen, dass Eren sich verwandeln kann, zum Anlass genommen, diese waghalsige Mission überhaupt in Angriff zu nehmen.
  • In der Vorlage wird nur ein Außenbezirk angegriffen und nicht Mauer Maria (die äußerste Schutzmauer).
  • SPOILER! Eren hat Mikasa im Manga vor Jahren das Leben gerettet, weshalb sie jederzeit ihr Leben für ihn opfern würde. In Attack on Titan – Part 1 wird sie nicht wie anfangs gedacht von einem Titanen gefressen. Zudem schließt sie sich nicht der legendären Einheit 104 an, sondern kämpft mit Shikishima (Levi) im Außenbezirk gegen die Titanen.
  • Die Einheit 104 existiert nicht. Manche Charaktere dieser Truppe sind beim Stoßtrupp, der das Loch in der Mauer stopfen soll. Vorgestellt oder eingeführt werden diese Charaktere, die im Manga teilweise eine extrem wichtige Bedeutung haben, aber nicht.

Fazit

Ich bin ein riesiger Fan von Attack on Titan und freute mich deshalb extrem auf die Attack on Titan Part 1-Kinovorstellung. Während der Anfang noch sehr spannend ist und die beklemmende Atmosphäre richtig gut widerspiegelt, häufen sich mit Fortdauer des Films immer mehr unfreiwillig komische Momente. Seien es Turteleien mitten im Feindesland, sei es Hange Zoe, die überdreht und schon fast wahnsinnig ist, sei es Mikasa, die von Shikishima teilweise als Liebesgespielin dargestellt wird.

Diese Lacher wären ja noch verkraftbar, aber die Abweichungen von der Geschichte und das Konzentrieren auf wenige Schlüsselmomente, die nicht logisch zusammengefügt wurden, fühlen sich einfach nur falsch an. Der Film hat bis auf wenige Ausnahmen nichts mit der Mangavorlage zu tun und wird dem grandiosen Grundstoff von Hajime Isayama nicht ansatzweise gerecht. Ich kann nun verstehen, warum der zuerst vorgesehene Regisseur, Tetsuya Nakashima, wegen Differenzen bezüglich des Drehbuchs den Job hinwarf. Für die Fans ist der Film einfach nicht anzuschauen. Spricht er dafür aber Franchise-Neulinge an? Ich wage, „Nein“ zu sagen. Die Handlung ergibt großteils keinen Sinn, und für NichtkennerInnen des Franchise sind viele Dinge auch nicht wirklich nachvollziehbar. Schade, mit Attack on Titan Part 1 hätte man viele neue Fans gewinnen können. Doch leider hat man sich auf eine halb gare Geschichte mit grandios animierten Titanen sowie den klingenden Franchisenamen verlassen. Das ist für mich zu wenig! Falls ihr euch überlegt, einen weiteren Termin für das Attack on Titan Part 1-Kinoevent wahrzunehmen, kann ich euch nur davon abraten. Ich sage das so gut wie nie, aber Attack on Titan Part 1 ist eine absolute Zeitverschwendung.

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[…] Die Erfolgsstory von Attack on Titan begann 2009 mit dem Japan-Release des ersten Bands von Hajime Isayama Mangas. Nach zwölf Bänden und rund 30 Millionen verkauften Exemplaren kam der erste Band rund um den hoffnungslosen Kampf der Menschheit gegen die Titanen auch zu uns. 2014 sah es so aus, als käme die Anime-Umsetzung vom Studio WIT 2015 zu uns. Aufgrund von Lizenz- und Produktionsproblemen wurde daraus leider nichts und so mussten wir bis zum Herbst 2016 warten, bis Attack on Titan Vol. 1 auch hierzulande erhältlich war. Rund ein Monat vor dem Release feierte die Attack on Titan-Realfilm-Umsetzung Kinopremiere… Read more »

Jasna

Schade, aber war vorhersehbar. Ich hatte schon die vermutung, dass es trashig wird. Werd mir den Kinobesuch/ DVD-Kauf sparen.

Sathora

Ich bin vollkommen deiner Meinung!!!
Ich hab mich RIESIG über die gewonnen Tickets gefreut, aber ich bin echt enttäuscht aus dem Kino raus. Und zu aller Überfluss war bei uns der Kinosaal sehr dreckig…. wofür der Film natürlich nichts kann ^^