Destiny (PS4) im Test

von postbrawler 29.09.2014

Destiny-Logo teaser

Es war einmal …

In unserer Galaxis, gar nicht so weit, weit weg. Ein geheimnisvoller Himmelskörper, Reisender genannt, beschützt die letzte verbleibende Stadt auf Erden vor den Mächten der Finsternis. Klingt klischeehaft? Ist es auch! Denn Destiny, das Erstlingswerk von Entwickler Bungie unter neuer Flagge, kramt nicht bloß subtil in der Sci-Fi-Kiste, sondern bedient sich auch großzügig an Vorlagen wie Star Wars, Avatar oder Matrix, um ein Spielerlebnis epischen Ausmaßes zu kreieren, das in einem Atemzug mit stellaren Größen wie den oben erwähnten genannt werden soll. Zumindest, wenn es nach Activision geht, dem Industriegiganten hinter Destiny, der sich Bungies Entwicklung ein schönes Sümmchen kosten ließ. Mit Destiny hat man versucht, an alte Tugenden anzuknüpfen und gleichzeitig das Genre der Koop-Shooter zu revolutionieren. Ob das geglückt ist, könnt ihr in meinem Review lesen.

Ich laufe Gefahr, zum Wiederholungstäter zu werden, wenn ich behaupte, dass Destiny die Erwartungen seit seiner Ankündigung auf der E3 2013 schwindelerregend hoch geschraubt hat. Doch genau darin begründen sich auch die durchwachsenen Pressestimmen nach der Veröffentlichung des fertigen Spiels. Was war geschehen? Konnten die Server dem Hype nicht standhalten? Fehlanzeige – da lief alles wie geschmiert. Blieb die Präsentation und Produktionsqualität hinter den hohen Erwartungen zurück? Noch einmal Fehlanzeige – Destiny sieht hervorragend aus, wirkt wie aus einem Guss und spielt sich fantastisch! Doch woran liegt es dann? Betrachten wir es der Reihe nach:

Wenn der Erzähler den Faden verliert

Destiny erzählt die Geschichte von einer fernen Zukunft, in der die Menschheit von einer außerirdischen Macht protegiert zu neuen Ufern aufbrach und die Himmelskörper des inneren Sonnensystems vollständig unter ihre Kontrolle brachte. In dieser Zeit des Friedens und des Wachstums entstanden blühende Regenwälder auf der Venus, riesige Städte auf dem Mars und sakrale Heiligtümer auf dem Erdenmond. Bewacht von einem weißen Trabanten wähnen sich die Völker dieses Reichs in Sicherheit, doch eine dunkle Macht, die Finsternis, trachtet dem Idyll nach der Existenz. Zu Beginn von Destiny ist die Lage mehr als aussichtslos: Die letzten Überlebenden haben sich zu einem Bund der Hüter zusammengeschlossen und kämpfen gemeinsam mit dem Reisenden um die letzte verbleibende Stadt auf Erden. Als SpielerIn seid ihr ein solcher Hüter, der mit seinem kleinen Roboterbegleiter aufbricht, um der Alieninvasion die Stirn zu bieten. Der fliegende Sidekick, Ghost genannt, wird von Game of Thrones-Schauspieler Peter Dinklage vertont und kommentiert das Geschehen mit kleinen Anekdoten und One-Linern. Der „Dinkelbot“, wie er von Fans liebevoll genannt wird, ist damit eine der wenigen Story-Angelpunkte des Spiels, denn andere NPCs existieren nur in homöopathisch dosierten Zwischensequenzen. Darüber hinaus wird die Handlung durch das Anzapfen von Datenpunkten und die Extraktion der spärlich enthaltenen Information aus diesen vorangestupst. So erfährt man von alten russischen KIs namens Rasputin, fiesen Alien-Necromorphen, die Schar genannt werden, und einem mächtigen Schwert, das die Altvorderen am Mond versteckt haben. Destinys Geschichte bedient sich vieler Motive aus Mythologien, Sagen und Fiktionen und versucht daraus etwas Cooles, Neues zu machen. Dazu fehlt es der Erzählung jedoch an Tiefe und Substanz, was die Geschichte leider zur Nebensache verkommen lässt.

Rassen und Klassen

Zu Beginn habt ihr die Wahl aus drei verschiedenen Rassen und Klassen. Die Rassenwahl ist rein kosmetisch und bietet keine spielerischen Unterschiede. Die Klassen sollten diesen Umstand begleichen. Da gibt es den Titan, einen stark gepanzerten Haudrauf mit Nahkampffähigkeiten und schweren Geschützen. Der Jäger repräsentiert den Fernkämpfer unter den Hütern und teilt mit goldenen Pistolen viel Schaden aus. Zu guter Letzt kann der Warlock mit mächtigen Nova-Bomben seine Gegner beharken und seine Mitstreiter mit Buffs verstärken. Die Klassen unterscheiden sich optisch voneinander, nutzen aber keine dezidierten Rüstungsarten und haben auch keine eigenen Ressourcenpools, die ihre Spielweisen voneinander abheben würden. Unter dem Strich bleiben drei unterschiedliche Super-Moves als bestes Unterscheidungsmerkmal, denn auch bei der Waffenwahl bedienen sich Titanen, Jäger und Warlock eines gemeinsamen Arsenals. Von den MMO-typischen Rollen als Tank, Melee und Caster kommt zumindest in der Kampagne des Spiels keine zum Tragen, wodurch sich das auf das Koop-Spiel ausgelegte Gameplay auch recht gut allein bewältigen lässt. Ab Level 15 kann jede Klasse in zwei Fokusklassen weiterverzweigt werden, was die Spieltiefe zwar nicht maßgeblich beeinflusst, aber die Klassen doch etwas individueller gestaltet. Insgesamt gibt es 20 Levels zu bewältigen, bis man in das Endgame vorstößt, darüber hinaus kann man über Rüstungsteile mit Lichtwert den Zähler weiter steigern.

Die drei Klassen in Destiny: Titan, Jäger und Warlock

Die drei Klassen in Destiny: Titan, Jäger und Warlock.

Gameplay

Das Gunplay von Destiny spielt sich flüssig und actionreich, wie das auch schon aus der Halo-Reihe bekannt ist. In einigen wenigen Einsätzen kann man auch Fahrzeuge besteigen, diese spielen aber keine sehr tragende Rolle und sind daher auch eher als nette Draufgabe zu sehen. Lediglich der Sparrow, ein schneller Bodengleiter, kommt häufiger zum Einsatz, wenn es darum geht, die recht weitläufigen Areale der Planetenoberflächen zu überwinden. Dort kann man auch anderen SpielerInnen begegnen und gemeinsam GegnerInnengruppen aufs Korn nehmen. Die Interaktionsmöglichkeiten beschränken sich aber auf das gemeinsame Ballern. In Spielergruppen kommt der MMO-Charakter des Spiels deutlich stärker zum Tragen, dazu benötigt man aber ein kostenpflichtiges PS-Plus-Abo. Im Koop-Spiel fallen auch die Bereiche mit eingeschränkter Wiederbelebung weniger frustrierend aus, weil sich GruppenspielerInnen gegenseitig wiederbeleben können. Abseits der kooperativen Kampagne gibt es auch einen PVP-Modus, den Schmelztiegel, in dem klassische Multiplayer-Matches wie Deathmatch, Conquest oder 3-vs.-3-Gefechte ausgetragen werden. In beiden Varianten sind bessere Ausrüstung und Waffen als Belohnungen zu erbeuten. Der Diablo-typische Sammeltrieb entfaltet seine Wirkung sehr subtil, und doch effizient – „nur noch diese eine Mission“ ist ein Gedanke, bei dem man sich des Öfteren ertappt.

Suche, infiltriere und beschütze

Das bringt mich auch gleich zum Missionsdesign. Hier zeigt sich die wahrscheinlich größte Schwäche von Destiny. Denn alle Story-Missionen von Destiny werden auf den immer gleichen Arealen der Planetenoberflächen von Venus, Mars, Erde und Mond ausgetragen. Diese sind zwar weitläufig und abwechslungsreich gestaltet, doch wenn man sich zum fünften Mal durch dieselbe verlassene Mondbasis kämpft, um dort in einem anderen Winkel wieder einmal einen alten Computer anzuzapfen und währenddessen wieder einmal seinen Geist vor herannahenden Gegnerwellen zu beschützen, dann beginnt man sich zu fragen, ob Bungie da am richtigen Ende gespart hat. Auch selten ausgetragene Bosskämpfe entpuppen sich schnell als Frustspiralen, denn die Obermotze sind wahre Bleischwämme und fressen Kugelmengen, die selbst das Munitionslager Ramstein vor Versorgungsengpässe stellen würden. Da kann‘s schon mal passieren, dass man 20 Minuten lang nur um einen einzigen Gegner herumtanzt und Magazin um Magazin in ihn hineinpumpt, bis er endlich aus den Latschen kippt. Diese Kämpfe sind noch nicht einmal sonderlich abwechslungsreich gestaltet, unterschiedliche Phasen sucht man vergeblich, und spannende Mechaniken beschränken sich oft auf einen Super-Move, dem man einfach nur ausweichen muss. Da wäre deutlich mehr drin gewesen. Zwei Wochen nach Launch des Spiels ist zu den klassischen Strike-Missionen noch ein weitläufiger Raid, „Die Gläserne Kammer“, dazugekommen, der für SpielerInnen ab der Stufe 26 neue Herausforderungen bietet. Bleibt zu hoffen, dass Bungie diese Makel schnell durch frische Inhalte ausmerzt.

Der Weisheit letzter Schluss

Alles in allem haben wir in Destiny also eine ambitionierte Story, der es an Tiefe und Spannung fehlt, ein monotones und repetitives Missionsdesign, das Leveln zur Strafaufgabe macht. Ein Klassensystem, das die Pflicht erfüllt, aber keine Kür hinlegt, und modernes Gameplay sowie schicke Next-Gen-Präsentation auf hohem Produktionsniveau. Destiny revolutioniert weder das Shooter-Genre noch erfüllt es den Anspruch, ein Sci-Fi-Epos mit popkulturellem Maßstab zu sein. Grundsätzlich müsste ich Destiny daher als herbe Enttäuschung bezeichnen. Glücklicherweise betreffen die Makel hauptsächlich Bereiche, die in einem MMO durch Inhaltspatches behoben werden können, und keine fundamentalen Dinge wie das Gunplay, die Spielmechanik oder die allgemeine Spielbarkeit. Diese werden den hohen Produktionskosten durchaus gerecht und stellen Besserung in den anderen Belangen in Aussicht. Einen Glanzstart hat Destiny dennoch nicht hingelegt.

Wertung: 7.5 Pixel

für Destiny (PS4) im Test von
1 Kommentar
neuste
älteste
Inline Feedbacks
View all comments

[…] und wie oben schon erwähnt, den Mond. Falls ihr noch mehr über Destiny erfahren wollt, findet ihr hier unseren Test […]